Rosetta Stone

Kai Sulkowski 13/05/2019
Rosetta Stone logo Zum Anbieter
Bewertung
7,1
Pro
  • 22 Lernsprachen, teilweise bis Niveau C1
  • Live-Tutoring mit muttersprachlichen Lehrern
  • Community-Chat mit anderen Lernenden und Muttersprachlern
  • Hervorragende Spracherkennung
  • Offline-Modus für App
Kontra
  • Abgesehen vom Advanced-Kurs nur lose am GER orientiert
  • Nur eine Lernsprache im Preis inkludiert
  • Geringer Lernfortschritt bei relativ viel Zeitaufwand
  • Keine reinen Grammatiklektionen oder Vokabeltrainer
  • Lange Ladezeiten
  • Keine Zertifikate erwerbbar
FAZIT

Mit der Dynamic-Immersion-Methode lernen Kursteilnehmer die Zielsprache wie ihre Muttersprache, indem sie Bilder und Begriffe intuitiv miteinander verknüpfen – das verspricht Rosetta Stone. Für Fortgeschrittene wird der langsame Lernfortschritt und repetitive Übungsaufbau schnell frustrierend.

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Bewertungskriterien
Sprachauswahl
Kursumfang
Qualität der Kursmaterialien
Nutzerfreundlichkeit
Preismodell und Service

Rosetta Stone Test

Sprachauswahl8,50

Rosetta Stone liegt hinsichtlich der Anzahl erlernbarer Sprachen in unserem Test nach LingQ auf dem zweiten Rang. Der Anbieter wirbt mit 24 Zielsprachen, wobei er britisches und amerikanisches Englisch sowie Spanisch und südamerikanisches Spanisch jeweils einzeln listet. Die 24 verschiedenen Kursprogramme orientieren sich nicht direkt am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER), doch laut Anbieter entspricht das Sprachniveau nach Abschluss der Kursprogramme in Etwa dem Level B2.

Für alle Sprachen existiert je ein Online-Kurs mit App. Hinsichtlich des Kursumfangs unterscheiden sich die Zielsprachen jedoch: Nur die Sprachen Deutsch, britisches Englisch, amerikanisches Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch verfügen über Advanced-Kurse für Fortgeschrittene. Bei ihnen handelt es sich um umfangreiche Zusatzmaterialien, die sich am GER orientieren und den Nutzer zum Erreichen des Sprachniveaus C1 befähigen. Die Advanced-Kurse bieten auch für das Berufsleben relevante Lerninhalte.

Rosetta Stone erhebt je nach Sprachkurs andere Gebühren. Wer ein Abonnement abschließt, muss sich vorher also für eine der angebotenen Sprachen entscheiden. Es gilt zu beachten, dass das britische und das amerikanische Englisch ebenso wie das europäische und das südamerikanische Spanisch jeweils als zwei unterschiedliche Kurse angeboten werden. Dies ist bei Rosetta Stone singulär.

Neben beliebten Sprachen wie Englisch, Französisch und Spanisch bietet Rosetta Stone auch Arabisch, Chinesisch, Niederländisch, Griechisch, Hebräisch, Hindi, Irisch, Japanisch, Koreanisch, Polnisch, brasilianisches Portugiesisch, Russisch, südamerikanisches Spanisch, Schwedisch, Türkisch, Vietnamesisch, Persisch (Farsi) und Philippinisch (Tagalog). Für diese Sprachen existieren keine Fortgeschrittenenkurse, was für Anfänger jedoch kein wirkliches Manko darstellt.

Leider ist nicht klar ersichtlich, bis zu welchem Niveau der Nutzer die jeweils gewählte Sprache mit der Software erlernen kann, sofern er keinen Advanced-Kurs bucht. Nach Angaben von Rosetta Stone handelt es sich in der Regel um ein mindestens mit dem Niveau B1/B2 des GER vergleichbares Level.

Die Webseite von Rosetta Stone ist auf Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch, Italienisch, Spanisch, Japanisch und Koreanisch verfügbar. Diese Sprachversionen spielen allerdings kaum eine Rolle. Die Sprachkurse kommen nämlich vollständig ohne Übersetzungen in der Ausgangssprache aus.

Kursumfang7,00

Rosetta Stone setzt auf die eigens entwickelte Dynamic-Immersion-Methode, die laut eigenen Angaben dem intuitiven Erlernen der Muttersprache nachempfunden ist. Die Lerninhalte gliedern sich in die Segmente „Meine Lektionen“ und „Erweiterte Lerninhalte“ auf. In jede Lektion ist ein „Live-Tutoring“ – eine Art Gruppenunterricht mit einem Lehrer in einem virtuellen Klassenzimmer – integriert. 

Woher kommt Rosetta Stone?

Der Name Rosetta Stone geht auf den archäologischen Fund einer Steinstele aus vorchristlicher Zeit zurück, anhand der die ägyptischen Hieroglyphen entziffert werden konnten.

Das Herzstück: „Meine Lektionen“

Der Navigationsbereich des Segments „meine Lektionen“ zeigt eine Übersicht aller verfügbaren Lektionen einer Einheit. Der Sprachkurs ist in insgesamt 20 Einheiten aufgeteilt. Diese sind thematisch gestaltet: Einheit 2 widmet sich beispielsweise dem Thema „Begrüßung und Vorstellung“, Einheit 14 steht unter dem Motto „Berufe und Hobbys“.

Jede Einheit enthält fünf Lektionen. Die Lektionen 1 bis 4 setzen sich aus verschiedenen Übungseinheiten zusammen. Jede Lektion enthält acht bis zehn Übungseinheiten:

  • Hauptlektion: etwa 30 Minuten
  • Aussprache: etwa 10 Minuten
  • Vokabular: etwa 5 Minuten
  • Grammatik: etwa 10 Minuten
  • Lesen: etwa 10 Minuten
  • Schreiben: etwa 5 Minuten
  • Hören: etwa 10 Minuten
  • Hören und Lesen: etwa 15 Minuten
  • Übersicht: etwa 5 Minuten
  • Sprechen: etwa 10 Minuten

Lektion 5 jeder Einheit enthält keine Übungseinheiten, sondern besteht rein aus dem sogenannten „Meilenstein“, der weitere 10 Minuten Bearbeitungsdauer in Anspruch nimmt.

Die Hauptlektionen und die folgenden Übungseinheiten

In den Hauptlektionen lernt der Nutzer neue Vokabeln sowie Grammatik-Regeln. Diese werden anhand von Tonspuren und dazu passenden Fotos vermittelt.

Die nachfolgenden Übungseinheiten basieren schwerpunktmäßig auf den in der Hauptlektion vorgestellten, neuen Lerninhalten. Sie sind so aufgebaut, dass der Nutzer sowohl das Lesen und Schreiben als auch das Sprechen und Hörverstehen übt. Bildmaterial und Phrasen sind hierbei stets mit den in der Hauptlektion eingeübten Inhalten identisch.

Die Übungseinheiten sind in allen Lektionen gleich. Zunächst werden die Vokabeln mit passenden Bildern eingeblendet, und parallel dazu hört der Nutzer eine Tonaufnahme des jeweiligen Wortes. Im zweiten Schritt ordnet der Lernende die eingeblendeten Vokabeln den passenden Fotos zu. Im letzten Übungsabschnitt tut er das Gleiche, jedoch erscheinen die Wörter nicht auf dem Bildschirm, sondern sie werden nur gehört. Auf die gleiche Weise werden auch Phrasen und ganze Sätze vermittelt. Als Transferleistung folgt ein simulierter Dialog in gleicher Methodik. Lediglich die Art der Eingabemethode variiert je nach Typ und Schwerpunktsetzung der jeweiligen Übungseinheit. Das Spektrum reicht von Aussprachetraining über Multiple-Choice-Aufgaben bis hin zum Niederschreiben von Gehörtem.

„Meilenstein“

Der „Meilenstein“ ist die Abschlusslektion jeder Einheit. Hier wiederholt der Nutzer das Neugelernte, indem er es in einem bebilderten Beispieldialog anwendet. Dieser wird als Slideshow dargestellt. Die Bildauswahl ist dabei hervorragend auf das Übungsgespräch abgestimmt, und es handelt sich nicht um Stockfotos.

Der Nutzer gibt die Worte entweder Multiple-Choice-Auswahl ein oder er spricht den vollständigen Satz über das Mikrofon ein. Am Ende erhält er eine Wertung in Form einer Prozentangabe. Hat er diesen Abschlusstest bestanden, wird er zur ersten Hauptlektion der nächsten Einheit weitergeleitet. Bei zu vielen Fehlern wird der Lernende nicht „versetzt“; stattdessen wird er zu dem Teil der Einheit zurückgeleitet, in dem die meisten Schwächen erkennbar wurden.

Live-Tutoring mit Sprachlehrer

Im Gegensatz zu anderen Anbietern von interaktiven Lehrmaterialien wie busuu oder Babbel bietet Rosetta Stone seinen Nutzern den sogenannte Live-Tutorings, die zweimal wöchentlich stattfinden. Es handelt sich dabei um etwa 25-minütige Live-Gruppenunterrichtsstunden mit zwei bis drei anderen Sprachschülern des gleichen Lernniveaus und einem muttersprachlichen Lehrer.

Hierbei sollen ausgesuchte Lerninhalte der jeweiligen Einheit wiederholt, eingeübt und gefestigt werden. Die Schüler sehen den Lehrer über Webcam und kommunizieren mit ihm per Headset und Mikrofon. Gegebenenfalls vorhandene Fehler bei der Aussprache oder in der Anwendung des Vokabulars oder der Grammatik soll der Lehrer erkennen und dem Schüler konkrete Ratschläge zur Behebung liefern.

Erweiterte Lerninhalte – Spielerisches Lernen in der Community

Dieser farbenfroh gestaltete Programmbereich bietet dem Nutzer Zugang zu Lernspielen, zur internationalen Rosetta-Stone-Community und zu einem Aufgabenbereich, in dem der Nutzer sein Leserverständnis und die Anwendung des gelernten Vokabulars übt.

Unter dem Reiter „Play“ stehen drei Übungsspiele zur Wahl, die der Nutzer alleine oder mit einem Partner aus der Community spielen kann:

  • BuzzBingo: Eine Geschichte wird über eine Tonspur wiedergegeben. Der Nutzer muss währenddessen aus einer Auswahl vorgegebener Wörter jene auswählen, die in ihr vorkommen.
  • Picari: Hier hört der Spieler Phrasen und muss in 120 Sekunden möglichst viele Bilder finden, die zu ihnen passen. Für richtige Antworten gibt es Punkte, für falsche Punktabzug.
  • Memgo: Hierbei handelt es sich um eine Memory-Version, bei welcher der Nutzer Kartenpaare, die aus einer Phrasen- und einer passenden Stockfoto-Karte bestehen, finden muss.

Im Bereich „Talk“ finden sich zwei Spiele, die jedoch nur mit Partnern, die die gleiche Zielsprache lernen, oder mit Muttersprachlern gespielt werden können. Die Nutzer können sowohl über Mikro und Headset als auch per Chatfenster miteinander kommunizieren.

  • Identi: Beide Spieler erhalten eine Spielidentität. Abwechselnd raten sie, um wen es sich bei dem jeweils anderen handelt.
  • MetaTag: Zwei Spieler beschreiben per Texteingabe parallel das gleiche Bild, jeweils unsichtbar für den Partner. Ziel ist es, die Beschreibungen so lange umzustellen, bis sie möglichst viele Übereinstimmungen aufweisen.

Das nützlichste Tool im Bereich „Talk“ ist das „Chatonium“. Es bietet die Möglichkeit, mit einem muttersprachlichen Partner frei zu kommunizieren. Bei Bedarf gibt Rosetta Stone Hilfestellungen in Form von Gesprächsthemen, die einen Bezug zu der zuletzt behandelten Lektion haben. Neben dem „Chatonium“ enthält Rosetta Stone eine weitere Chatfunktion, die permanent am unteren Bildschirmrand eingeblendet erscheint. Diese ermöglicht dem Nutzer, jederzeit mit anderen Lernenden oder gegebenenfalls auch eingeloggten Muttersprachlern schriftlich Kontakt aufzunehmen.

Der Bereich „Read“ enthält nach Lerneinheiten sortierte Kurzgeschichten. Pro Einheit gibt es jeweils zwischen einer und vier Storys. Diese werden zuerst vorgelesen, wobei der Nutzer mitliest. Anschließend spricht er sie selbst ein, indem er sie laut vorliest. Per Spracherkennungstechnologie markiert das Programm zu undeutlich oder falsch gesprochene Wörter, und der Nutzer kann den Text so lange neu einlesen, bis er die Aussprache perfekt beherrscht.

Die folgende Slideshow gibt einen Einblick in die verschiedenen Übungsbereiche und Spiele der „Erweiterten Lerninhalte“.

Qualität der Kursmaterialien7,00

Rosetta Stone bietet keine Grammatikerklärungen in der Ausgangssprache, und Vokabelübersetzungen fehlen ebenfalls. Dies liegt jedoch nicht an etwaigen Versäumnissen, sondern ist bewusst so gewollt und der angewandten Methodik geschuldet.

Dynamisch eintauchen

Rosetta Stone vermittelt die Zielsprache anhand der selbst entwickelten Dynamic-Immersion-Methode, die gänzlich ohne Übersetzungen von Vokabeln und Grammatikregeln auskommt. Der Nutzer soll komplett in die neue Sprache eintauchen und diese intuitiv – wie einst seine Muttersprache – erlernen.

Neue Lerninhalte, ganz gleich ob Vokabular oder grammatische Phänomene, stellt Rosetta Stone per Zuordnungsübungen vor. Der Nutzer lernt alles im Kontext und erschließt sich selbst die Bedeutung beziehungsweise Anwendungsweise. Es handelt sich also um einen rein induktiven Lernansatz, der völlig ohne explizite Erklärungen auskommt. Dementsprechend häufig muss der Nutzer die Lerninhalte wiederholen.

Die Vermittlungsmethode von Rosetta Stone hat viele Vorteile, ist aber trotzdem nicht für jeden Nutzer optimal geeignet. Das ständige Wiederholen und Einüben der gleichen Inhalte kann schnell monoton und ermüdend werden. Der Lernfortschritt steht für manch einen Nutzer in keinem guten Verhältnis zum Zeitaufwand. Hinzu kommt, dass nicht jeder Lernende die grammatikalischen Regeln mühelos aus den gebotenen Anwendungsbeispielen erschließen kann. Einige Nutzer werden sich an manchen Stellen nach einer kurzen Erklärung in ihrer eigenen Sprache sehnen. Für Lernende, die nicht gänzlich auf audiovisuelle Lerninhalte bauen möchten, sind andere Kurse, wie etwa busuu und Babbel als Lernprogramme oder lingoda als Online-Sprachschule eher zu empfehlen.

Was sich nicht durch die angewandte Methode entschuldigen lässt, ist das völlige Fehlen von Übungen zur freien Textproduktion sowie eine Diktatfunktion. Selbst kurze Eingaben von Vokabeln oder Satzteilen sind eine Rarität in den Übungsinhalten. Die deutlich kostengünstigeren Konkurrenten busuu und Babbel haben in dieser Hinsicht mehr zu bieten.

Bis wohin bringt mich Rosetta Stone?

Einen Einstufungstest gibt es nur im Advanced-Kurs. Alle Basis-Lerneinheiten sind nach der Buchung zugänglich.

Der Lernfortschritt dürfte für manch einen User, wie erwähnt, zu langsam sein: Selbst die Lektionen in der 20. Einheit sind wenig komplex und anspruchsvoll – sie orientieren sich lediglich an einfacher Alltagskommunikation. Die Phrasen und Sätze aller Lektionen sind zwar in höchstem Maße alltagstauglich, jedoch sehr themenfixiert.

Da es an umfangreichen Transferübungen fehlt, ist es fraglich, ob für Nutzer mit Vorkenntnissen Rosetta Stone die beste Wahl ist. Die bereitgestellten Inhalte eignen sich eher für Menschen, die zum ersten Mal in Kontakt mit der Zielsprache kommen. Immerhin: Wer Einheit 20 absolviert hat, kann sich in gewöhnlichen Alltagssituationen verständlich machen. Wer seine Kenntnisse über dieses Niveau hinaus erweitern möchte, um beispielsweise ein Auslandsstudium zu beginnen oder um die Zielsprache in der Geschäftswelt zu benutzen, der muss gegebenenfalls den Advanced-Kurs buchen.

Intuitives Lernen durch audiovisuelle Elemente

Die Dynamic-Immersion-Methode ist ebenso clever wie einfach: Der Kursteilnehmer soll die Zielsprache mithilfe von audiovisuellen Elementen intuitiv „aufsaugen“. Videos, wie LinguaTV oder ABA English es handhaben, bindet Rosetta Stone nicht in die Lektionen ein. Die Auswahl und Qualität des Bildmaterials verdient großes Lob. Der Anbieter verwendet nicht – wie es bei günstigeren Anbietern gängige Praxis ist – beliebige und bisweilen unpassende Stockfotos, sondern wählt hochwertige Bilder, die tatsächlich zu den vermittelten Vokabeln, Phrasen und Sätzen passen.

Die Tonspuren weisen hingegen nur eine mittelmäßige Qualität auf. Außer einer Play-Funktion zur mehrmaligen Wiedergabe, existieren keine weiteren Bedienelemente. Sinnvoll wäre eine Schaltfläche zur Regulierung der Geschwindigkeit oder eine Pause-Funktion. Bei Wiedergabe mit höherer Lautstärke kommt es zu leichtem Rauschen und Schnarren. Allerdings bleibt die Aussprache klar verständlich. Das Sprechtempo ist angemessen. In Kontakt mit Dialekten oder regionalen Aussprachevarianten kommt der Nutzer leider nicht. Die Sprecher bemühen sich um reine Standardaussprache – ein weiteres Element, in dem das authentische Eintauchen in eine Fremdsprache nicht konsequent umgesetzt ist.

Wie gut ist das Live-Tutoring?

Der Nutzer hat die Möglichkeit, zweimal pro Einheit an einem Live-Tutoring mit einem muttersprachlichen Lehrer teilzunehmen. Zu einem vereinbarten Zeitpunkt loggt er sich in einen virtuellen Klassenraum ein und vertieft in der Einheit erworbene Kenntnisse in einer kleinen Konversationsgruppe von zwei bis drei Sprachschülern. Die Tutoring-Lehrinhalte ähneln den Lektionsübungen. In unserem Test wurden uns Fotos gezeigt, zu denen der Lehrer Fragen stellte. Die Teilnehmer sollten zudem untereinander in Konversation treten und sich gegenseitig zu den Bildern befragen. Auf diese Weise verlangte uns das Live-Tutoring auch eine Translationsleistung ab.

Die Tonqualität war hervorragend: Wir konnten sowohl unseren Tutor als auch die anderen Schüler stets klar und deutlich verstehen. Und auch die Videoqualität überzeugte: Mimik und Gestik des Lehrers waren jederzeit zu erkennen.

Die Lehrerin korrigierte in angemessenem Sprechtempo und mit deutlicher Aussprache falsche Satzstellungen und Vokabelfehler. Sie verwies auch auf Unterschiede zwischen dem britischen und dem amerikanischen Englisch und stellte Bedeutungsnuancen einzelner Wörter klar heraus. Eine Korrektur der Aussprache hingegen erfolgte kaum. Leider erhielten wir nach der Sitzung auch kein gezieltes Feedback, woran wir arbeiten sollten, obwohl wir absichtlich einige Fehler einbauten.

Bewertungssystem und Dokumentation des Lernfortschritts

Da sich die Kurse von Rosetta Stone nicht streng am GER orientieren, darf der Anbieter keine Zertifikate für erreichte Niveaustufen ausstellen. Allerdings ist ein internes Bewertungs- und Belohnungssystem implementiert.

Für jede abgeschlossene Übung erhält der Nutzer eine Prozentwertung, die wiedergibt zu welchem Anteil er die Aufgaben richtig beantwortet hat. Diese Prozentwertung wird zudem in eine Punktzahl übersetzt. Die zu Grunde liegende Systematik dieser Übersetzung ist jedoch unklar – wir erhielten trotz einer falschen Eingabe die volle Punktzahl für die Lektion.

Seinen Fortschritt kann der Nutzer jederzeit in einem detaillierten Fortschrittsbericht einsehen. Dieser zeigt für jede Stufe neben dem Bearbeitungsstand den Status jeder Einzellektion und jeder Lektionsübung mit Bearbeitungsgrad in Prozent, letztem Zugriffsdatum und der für die Bearbeitung aufgewendeten Zeit an. Diese Angaben dienen der reinen Selbstkontrolle und Übersicht. Einen Einfluss auf die weitere Gestaltung der weiteren Lerninhalte übt diese Statistik nicht aus. Hier verschenkt Rosetta Stone Potential, da auf diese Weise gezielt Lernfortschritte gesteuert werden könnten.

Motivation und Spaßfaktor: Erfolge sammeln

Neben den Partnerspielen im Bereich der „Erweiterten Lerninhalte“ ist in Rosetta Stone ein weiteres „Gamification“-Element zur Selbstmotivation implementiert: Der Nutzer kann insgesamt 110 Abzeichen für bestimmte Leistungen erwerben und sammeln. Abzeichen gibt es beispielsweise für das Einloggen an mehreren Tagen hintereinander, die Nutzung des Sprachchats oder die Teilnahme an Tutorings. Die Erfolgsübersicht ruft der Nutzer unter dem Reiter „Erfolge“ im Profilbereich auf. Zum Wettbewerb mit anderen Nutzern dienen diese Abzeichen jedoch nicht.

Nutzerfreundlichkeit8,00

Eingabe und Korrektur

Nur sehr selten gibt es Übungen, bei denen der Nutzer Text eingibt. Falls dies einmal der Fall ist, muss er auf die Groß- und Kleinschreibung achten und darf keine überflüssigen Leerzeichen oder falsche Akzente setzen – Fehler werden nicht akzeptiert. Die Korrektur durch das Programm erfolgt buchstabengenau. Das fehlerhafte Zeichen erscheint rot markiert.

Auch die Toneingabe muss sehr genau sein. Zu Beginn jeder Spracheingabeübung muss der Kursteilnehmer einstellen, ob es sich bei seiner Stimme um diejenige eines Mannes, einer Frau oder eines Kindes handelt, sowie testweise einen Countdown einsprechen.

Nach dieser Justierung identifiziert die Spracherkennung mittels eines hundertfachen Abgleichs der Aussprache mit Aufnahmen von Muttersprachlern pro Sekunde zu lange Sprechpausen ebenso als Fehler wie „Denglisch“, undeutliche Aussprache oder falsche Betonung. Nach jedem Fehler wird der Nutzer aufgefordert, das entsprechende Wort erneut einzusprechen. Die ständigen Erinnerungen daran, dass der Nutzer sein Mikrofon korrekt einrichten soll, wirken eine wenig penetrant und störend, dennoch verdient Rosetta Stone an dieser Stelle Lob: Die verwendete Sprachabgleichs-Technologie war die beste in unserem Vergleich.

Hat der Nutzer einmal kein Mikrofon zur Hand, ist es für einige Lektionsübungen auch möglich, diese per Texteingabe oder Wortauswahl zu absolvieren. Zum regelmäßigen Lernen mit Rosetta Stone ist die Verwendung eines Mikrofones jedoch unerlässlich.

Aufnahmen kann sich der Nutzer in den Übungen beliebig oft vorspielen lassen, bevor er sich für eine Antwortmöglichkeit entscheidet. Er hat die Möglichkeit, sich durch einen Klick auf das Glühbirnen-Symbol unten links die Lösung anzeigen zu lassen sowie die Übung zu überspringen. Allerdings gilt in diesem Fall die entsprechende Übungsseite in der Gesamtwertung als nicht bearbeitet.

Navigation im Kursmaterial – lost without translation?

Die Ebene der Einheiten

Die Navigation im Bereich „Meine Lektionen“ ist bis zur Ebene der Einheiten äußerst einfach und intuitiv gestaltet. Ein Klick auf die Ziffern in der Reiterleiste leitet direkt zur entsprechenden Einheitsübersicht mit jeweils 33 bis 41 Kacheln für die Lektionsauswahl. Absolvierte Lektionen sind weiß markiert und mit einem grünen Haken versehen, begonnene Lektionen weiß hinterlegt und mit einem orangefarbenen Kreuz gekennzeichnet.

Per Mouseover lässt sich der Nutzer den Bearbeitungsstand der jeweiligen Übung in Prozent, die Lektionsnummer, die Art der Übung (zum Beispiel Ausspracheübung) und die voraussichtliche Bearbeitungsdauer anzeigen. Wie viel Prozent einer Einheit bereits bearbeitet sind, ist jedoch nicht ersichtlich. Alle Übungen, Lektionen und Einheiten sind in beliebiger Reihenfolge und beliebig oft absolvierbar. Möchte der Nutzer eine Übung wiederholen, entscheidet er zu Beginn selbst, ob die vorherigen Lösungen angezeigt werden sollen.

Wer suchet, der wartet

Das Problem beginnt damit, dass die Kacheln in der Lektionsauswahl einer Einheit völlig willkürlich angeordnet sind. So folgt auf eine Schreibübung zu Lektion 2 eine Sprechübung zu Lektion 4, auf diese Wiederum eine Vokabelübung zu Lektion 1. Klickt der Nutzer eine der Kacheln an, muss er bis zu einer halben Minute warten, bis die entsprechende Übung geladen ist. Auch das Fortschreiten von einer zur nächsten Seite dauert quälend lange, ebenso wie die Rückkehr zur Einheitsübersicht, die nur durch einen Klick auf den Reiter im Hauptmenü möglich ist.

Wer in den „Erweiterten Lerninhalten“ ein Spiel mit einem Partner beginnen möchte, muss großes Glück haben, denn die Suche nach einem spielbereiten Gegner endet auch nach langer Wartezeit in der Regel erfolglos.

Orientierungslos üben

Schließt der Nutzer eine Übungseinheit ab, wird er per Klick auf die Schaltfläche „Weiter“ direkt zur einer neuen Übungseinheit weitergeleitet. Da es jedoch keine Überschriften oder sonstige Kennzeichnungen gibt, weiß der Nutzer nie, ob er sich in einer Vokabeltraining- oder in einer Aussprache-Übung befindet.

Eine Fortschrittsanzeige im Übungsfenster existiert zwar nicht, doch geben die Seitenzahlen am unteren Bildschirmrand eine Orientierung. Vollständig richtig gelöste Seiten sind nach dem automatischen Weiterscrollen mit einem Haken versehen.

Seiten auf denen dem Nutzer ein oder mehrere Fehler unterlaufen sind, bleiben mit sichtbarer Seitenzahlmarkierung stehen. Per Mouseover erscheint zu jeder Seitenzahl die Anzahl richtiger und falscher Angaben samt entsprechendem Prozentsatz.

Gut versteckte Features

Einige Bereiche sind nur über das Übungsfenster zugänglich. Mit einem Klick auf das Fragezeichen in der oberen rechten Bildschirmecke erhält der Nutzer phonetische Beispiele zum Alphabet und zu möglichen Aussprachevarianten von Buchstaben. Warum derartig elementare Erklärungen für Anfänger nicht nur nicht in die Lektionsmaterialien zu Beginn von Einheit 1 integriert sind, sondern auch noch „versteckt“ wurden, ist nicht erklärlich. Hinter der Fragezeichen-Schaltfläche verbirgt sich zudem die Option, den Lektionsinhalt der jeweiligen Lektion als PDF-Datei aufzurufen und herunterzuladen.

Aufgeräumtes virtuelles Klassenzimmer

Die Buchung eines Live-Tutorings ist sehr einfach und bequem. Über die Menüauswahl erreicht der Nutzer mit einem Klick das Fenster zur Terminvereinbarung. Verfügbare Tutoring-Termine für die aktuelle Einheit sieht er in einer Liste. Mit der implementierten Suchfunktion filtert der Nutzer gezielt nach Zeiträumen. Per Auswahl und Bestätigung geht der Termin in seinen persönlichen Stundenplan ein. Es ist ratsam, die Termine für die Live-Tutorings spätestens eine Woche im Voraus zu planen, da unserer Erfahrung nach die Auswahl an noch verfügbaren Terminen schnell schwindet.

Mit einem Klick öffnet der Nutzer zum angegebenen Termin das Live-Tutoring-Tool, und schon kann es losgehen – natürlich erst nach dem obligatorischen Mikrofon-Check.

Der virtuelle Klassenraum ist ausgesprochen aufgeräumt und selbsterklärend. Über die Webcam sehen die zwei bis drei Teilnehmer den Lehrer, dieser sieht die Schüler jedoch nicht. Auf Extras wie eine Meldefunktion oder eine Mikrofonfreischaltung für einzelne Schüler, wie es sie beispielsweise bei EF English Live gibt, verzichtet Rosetta Stone.

Auch einen separaten „Tafelbereich“ gibt es hier nicht – der Lehrer kann die zentrale Präsentationsfläche direkt beschriften. Über ein Chatfenster am unteren rechten Bildschirmrand nimmt jeder Nutzer bei Bedarf Kontakt mit dem Lehrer auf oder verfasst in einem separaten Fenster eine Nachricht an die Lerngruppe.

Rosetta Stone unterwegs und offline

Es besteht die Möglichkeit, die Lektionen als unbebilderte PDF-Dateien sowie den „Audio Companion“ ohne Aufpreis herunterzuladen. Hinter Letzterem verbergen sich MP3-Audiodateien mit Sätzen und Phrasen aus den Lektionsinhalten.

Wegen der zahlreichen Sprechübungen eignet sich der reguläre Kursinhalt weniger für die Anwendung unterwegs. Nutzer erhalten die Rosetta-Stone-App für iOS und Android inklusive. Mit ihr besteht die Möglichkeit, die Kursmaterialien herunterzuladen und offline zu arbeiten.

Preismodell und Service8,00

Rosetta Stone bietet seine Sprachlernprodukte als Onlinevariante zum Abonnement-Mietpreis an. Einzelheiten zu den verschiedenen Angeboten, Konditionen und zum Kundenservice konnten wir dem leicht konfusen Webauftritt entlocken.

Abos und Bezahlung

Der Nutzer hat die Möglichkeit, den Kurs im Abo-Modell für eine Dauer von sechs, zwölf oder 24 Monaten zu buchen. Die App und alle Online-Features, also die Betreuung durch Tutoren oder der Zugang zur weltweiten Community, sind bereits enthalten. Diese Kurse orientieren sich nicht am GER, doch kann die Sprache bis zu einem mit dem Niveau B2 vergleichbaren Level erlernt werden. Lerninhalte für Business-English sind hier nicht inkludiert. Ein 24-monatiger Zugang würde sich für regelmäßige Lerner kaum lohnen, da das vorhandene Material von 20 Einheiten in jedem Fall in weniger als zwei Jahren zu schaffen ist. Eine Offline-Nutzung möglich, jedoch nur für iPhone, iPad und Android.

Wer auf das wöchentliche Training mit einem Tutor verzichten möchte, hat ein günstigeres Preismodell zur Auswahl. Die Kostenstruktur sieht folgendermaßen aus:

AbrechnungszeitraumMit TutorOhne Tutor
6 Monate 218,00 Euro 149,00 Euro
12 Monate 298,00 Euro 199,00 Euro
24 Monate 398,00 Euro 249,00 Euro
Die Tabelle zeigt die Abo-Preise für einen Zugang mit und ohne Tutor im Vergleich.

Für die beliebtesten Sprachen, also Deutsch, britisches Englisch, amerikanisches Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch, stehen Rosetta Stone Advanced-Kurse zur Verfügung. Dieses Kursangebot richtet sich vornehmlich an Fortgeschrittene und orientiert sich am GER. Die gewählte Sprache kann hier bis zur Stufe C1 erlernt werden. Die Kurse enthalten 2.000 Stunden an Lerninhalten, individuell zusammenstellbare Kurse für Alltag und Beruf sowie Lektionen zum kulturellen Hintergrund, Konjugationshilfen und einen 10.000 Worte umfassenden Glossar.

Was ist eine Demo?

Der Anbieter lockt auf seiner Webpräsenz mit einer sogenannten „kostenfreien Demo“ für die Sprachkurse Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Dies hört sich vielversprechend an, und man ist geneigt, seine E-Mail-Adresse einzugeben, um Zugang zu dieser Demo zu erhalten. Der Interessent kann hier einige typische Lektionselemente ausprobieren und erhält gleichzeitig eine Erklärung der angewandten Methodik. Tatsächlichen Einblick in eine typische Lektion erhält der Nutzer allerdings nicht, dafür allerdings Werbe-E-Mails.

Rosetta Stone für Unternehmen und Bildungseinrichtungen

Das Angebot von Rosetta Stone richtet sich nicht nur an Privatanwender, sondern auch an Schulen, Hochschulen, Unternehmen und den öffentlichen Sektor. Für diese existiert keine fixe Konditionsstruktur. Bei Interesse berät der Anbieter kostenfrei und unterbreitet ein individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot.

Service und Transparenz

Bei der Buchung eines Online-Zugangs handelt es sich um Abonnements, die sich stillschweigend um jeweils einen Monat verlängern, sollte der Kunde nicht spätestens 15 Tage vor Ablauf des Buchungszeitraumes kündigen. Diese Information wird während des Buchungsvorganges jedoch in keiner Weise vermittelt und ist nur den am Seitenende verlinkten Vereinbarungen zu entnehmen. Als „Köderangebot“ wird die erste Abonnementperiode gar rabattiert angeboten, nach ihrem Ende bucht Rosetta Stone den Listenpreis ab. Dies macht der Anbieter jedoch nirgends deutlich.

Immerhin gewährt Rosetta Stone seinen Kunden bei Unzufriedenheit mit dem Service eine 30-Tage-Geld-Zurück-Garantie sowie die Möglichkeit zur monatlichen Ratenzahlung.

Sollten Fragen aufkommen, besteht die Möglichkeit, den Anbieter via Live Chat oder per E-Mail zu kontaktieren. In unserem Test haben wir es nicht geschafft, den Anbieter via Chat zu kontaktieren, obwohl wir es mehrfach und zu verschiedenen Tageszeiten versuchten. Wir mussten daher unsere Fragen per E-Mail stellen. Wer also im mäßig umfang- und aufschlussreichen FAQ-Bereich keine Antwort auf seine Frage findet, muss durchaus einige Wartezeit bis zum Erhalt der gewünschten Informationen einkalkulieren. Für den deutschen Markt wurde zwar eine Service-Hotline eingerichtet, doch ist diese Telefonnummer geschickt auf der Homepage versteckt und ausgerechnet in der Rubrik „Support“ nicht angegeben. Insgesamt besteht hier deutlicher Nachbesserungsbedarf.

Zusammenfassung8,00

Fremdsprachen durch vollständiges Eintauchen lernen wie einst die eigene Muttersprache – das verspricht Rosetta Stone mit seiner selbst entwickelten Dynamic-Immersion-Methode. Dieser Ansatz ist durchaus interessant und spiegelt sich allgegenwärtig im Lektionsaufbau wider. Die induktive und stark auf der Verknüpfung von auditiven und visuellen Reizen basierenden Methode hat jedoch auch einige Nachteile.

Die ständige Wiederholung von Wörtern, Phrasen und Sätzen wird schnell ermüdend. Der Lektionsaufbau bietet nur wenig Abwechslung; Möglichkeiten, die gelernten Inhalte in unterschiedlichen Kontexten zu erproben, gibt es kaum. Der Lernfortschritt steht für unseren Geschmack in keinem guten Verhältnis zur investierten Zeit. Auf der Minusseite stehen außerdem die etwas verwirrende Navigation in den Übungseinheiten und die langen Ladezeiten. Bereits nach kurzer Zeit schmälert dies die Motivation und das Lernvergnügen. Auch die implementierte Jagd nach Abzeichen oder interaktiven Lernspiele können diese Mankos nicht gänzlich aufwiegen.

Sehr positiv fallen unsere Erfahrungen mit dem zweimaligen Live-Tutoring pro Einheit und der hervorragenden Spracherkennungstechnologie aus. Vor allem Letztere stellt einen echten Mehrwert dar, da sie den Nutzer befähigt, selbstständig seine Aussprache zu optimieren.

Insgesamt eignet sich Rosetta Stone weniger für Lernende mit Vorkenntnissen. Für Anfänger stellt dieser Kurs hingegen eine Möglichkeit dar, spielerisch und intuitiv in die Zielsprache einzusteigen.