DxO Optics Pro 11 poliert RAW-Fotos auf Hochglanz. Es rettet so manche misslungene Aufnahme und holt aus jeder guten noch mehr heraus. Daher ist es eine willkommene Ergänzung zu anderen Bildbearbeitungsprogrammen.
DxO OpticsPro ist kein normales Bildbearbeitungsprogramm. Auch als Bildverwaltung taugt es nicht wirklich. Die Stärken von DxO Optics liegen anderswo. Das Programm wurde für die Entwicklung von RAW-Files geschaffen und auf diesem Gebiet ist es einsame Spitze. Es holt das Maximum an Bildqualität und optischer Präzision aus Fotos heraus. Wer es einsetzt, wird überrascht sein, dass es dem Programm sogar gelingt, Korrekturen an Abweichungen und Fehlern vorzunehmen, von denen er bis jetzt angenommen hat, dass es sich um unvermeidliche Charakteristika seiner Kameras und Objektive handelt.
Seine erstaunlichen Fähigkeiten entfaltet DxO Optics in zwei Stufen. Als erstes wendet es eine spezielle Objektivkorrektur an, die in eigenen optischen Testlaboren von DxO entwickelt wurden. Die Korrekturen sind speziell auf das jeweils verwendete Objektiv abgestimmt. Welches das ist, erkennt das Programm an den EXIF-Daten, die in das Bild eingebettet sind. Die Objektivkorrektur kümmert sich um Verzerrungen, chromatische Aberrationen und andere optische Fehler. Dieser Arbeitsschritt läuft völlig automatisch ab, ein Zutun des Anwenders ist nicht erforderlich. Die Objektivkorrektur kann auch auf JPEG-Bilder angewandt werden, aber um ihre volle Wirkung zu entfalten, benötigt sie RAW-Dateien.
In einem zweiten Schritt optimiert DxOs eigener RAW-Entwicklungsprozess das Foto mit algorithmenbasierter Belichtungskorrektur. Auch eine hochwertige Rauschunterdrückung kommt zum Einsatz. Sie verbessert Fotos, die unter schlechten Lichtbedingungen mit hohem ISO-Wert aufgenommen wurden.
DxO OpticsPro ist in zwei verschiedenen Ausgaben erhältlich: Als Essential Edition für 129 Euro und als Elite Edition für 199 Euro. Ältere Versionen des Programms unterschieden sich in Bezug auf die unterstützten Kameramodelle, es gab eine günstige Version für Besitzer von Consumer-Kameras und eine teure, die mit Profikameras zusammenarbeitete. Diesen Unterschied gibt es seit DxO OpticsPro 10 nicht mehr. Seit dieser Version und somit auch beim aktuellen DxO OpticsPro 11 besteht der Unterschied darin, dass nur die Elite Edition über die Funktionen verfügt, die zu besonders hochwertigen Ergebnissen führen – also im Prinzip die Funktionen, die ein Alleinstellungsmerkmal von DxO OpticsPro sind. Dazu gehören vor allem die besonders effiziente PRIME-Rauschunterdrückung, die Kontrastverbesserung ClearView und das Anti-Moiré-Werkzeug. Im Test haben wir die Elite Edition unter die Lupe genommen.
Anwender von DxO Optics können zwischen den beiden Modulen „Organisieren“ und „Bearbeiten“ umschalten. In der Praxis verbringen Anwender die meiste Zeit im Bearbeitungsmodul. Das ist der Bereich, in dem die RAW-Entwicklung vorgenommen wird. Das Bildverwaltungsmodul ist zwar ganz nett, aber genaugenommen eher ein Dateibrowser mit integriertem Bildbetrachter als eine ausgewachsene Bildverwaltung.
Im Bildverwaltungsmodul befindet sich am linken Bildschirmrand eine Seitenleiste mit einer Ordnerstruktur. Mit einer Suchfunktion kann der Anwender nach Ordnern mit bestimmten Namen suchen, die Suche nach einzelnen Bildern oder gar eine erweiterte Bildsuche anhand von Kriterien wie Aufnahmedatum, ISO-Einstellung oder Kamera sind nicht möglich. Auch Alben oder Sammlungen sind nicht anlegbar. Sehr wohl aber ist es möglich, mehrere Bilder in einem sogenannten Projekt zu organisieren. Dann bleiben sie zwar in ihren jeweiligen Ordnern auf dem Speichermedium, können aber gemeinsam mit DxO OpticsPro bearbeitet werden.
Am unteren Bildschirmrand befindet sich im Verwaltungsmodul ein Filmstreifen mit Miniaturbildern; mit dezenten Mini-Icons werden Zusatzinfos eingeblendet, beispielsweise, ob die Objektivkorrektur für das jeweilige Bild aktiviert ist. Darüber befindet sich das Vorschaupanel, das das ausgewählte Foto in groß zeigt. Besonders praktisch ist die geteilte Ansicht, die der Nutzer mit einem kleinen Button oberhalb des Vorschaupanels einblendet. Ist sie aktiviert, wird das Bild links unbearbeitet und rechts mit allen eingestellten Bearbeitungen angezeigt. Das ist nützlich, um die subtile, aber dennoch deutliche Wirkung der Optimierungswerkzeuge von DxO OpticsPro richtig einzuschätzen.
Im Bearbeitungsmodul bleibt die Bildschirmaufteilung im Großen und Ganzen gleich. Der Filmstreifen unten ist weiterhin da, die Ordnerstruktur links wird jetzt jedoch von einer Seitenleiste mit Infos über das ausgewählte Foto ersetzt.
Das wesentliche Element in diesem Modus ist jedoch die Werkzeugleiste am rechten Bildschirmrand. Damit nimmt der Anwender sämtliche Einstellungen und Bearbeitungen vor. Da es sehr viele Möglichkeiten zur Feinjustierung gibt, wirkt diese Werkzeugleiste etwas unübersichtlich. Dieser Eindruck der Unübersichtlichkeit verstärkt sich dadurch, dass mache Werkzeuge zweimal auftauchen, nämlich einmal in der ersten Palette „Wesentliche Werkzeuge“ und ein zweites Mal in jener der vier weiteren Palletten, zu der sie thematisch passen, also „Belichtung“, „Farbe“, „Details“ oder „Geometrie“.
Nicht immer ist es ganz klar, was in Werkzeug genau bewirkt. Der Anwender muss sich mit den Funktionen vertraut machen, indem er sie ausprobiert und sieht, wie sie das Bild verändern. Aber das trifft auf so gut wie jedes Bildbearbeitungsprogramm zu.
So oft ist es jedoch gar nicht nötig, sich mit der Werkzeugleiste auseinanderzusetzen. DoX OpticsPro hat nämlich diverse Presets integriert, die die Werkzeugeinstellungen automatisch so anpassen, dass in vielen Fällen nahezu ohne das Zutun des Anwenders das gewünschte Ergebnis erzielt wird. Neben einen Standard-Preset, einem für Schwarz-Weiß-Fotos und einem für neutrale Farben sind auch verschiedene Presets für die Motive Portraits und Landschaftsaufnahmen verfügbar sowie solche für Single-Shot-HDR-Effekte und Fotos von Smartphone-Kameras.
Für ein Programm, dass bei vergangenen Versionssprüngen oft mit sehr imposanten Neuerungen glänzen konnte, fallen die Verbesserungen diesmal eher zurückhaltend aus. Die PRIME-Rauschunterdrückung arbeitet laut DxO nun schneller und besser. Eine weitere Neuerung ist die punktuelle Belichtungskorrektur. Damit wählt der Anwender einen oder mehrere Bereiche im Foto aus, an denen sich die Belichtungskorrektur orientiert. Das funktioniert sehr ähnlich wie die Belichtungsautomatik in Kameras, wenn sie auf punktuelle Messung eingestellt ist – allerdings nachträglich.
Eine neue Vollbildansicht erleichtert das Arbeiten auf kleinen Bildschirmen. Abgesehen von den bereits aufgezählten Neuerungen ist die einzige Verbesserung, dass die Schieberegler jetzt ungefähr doppelt so schnell reagieren wie in der Vorversion.
Beim praktischen Arbeiten fühlt sich DxO OpticsPro sehr reaktiv an. Bei den meisten Aktionen gibt keine wahrnehmbaren Verzögerungen zwischen Mausklick und Antwort des Programms. Lediglich das Anwenden von Presets auf mehrere Bilder gleichzeitig dauert etwas länger. Angenehm ist allerdings, dass das Programm die notwendigen Berechnungen im Hintergrund durchführt, während der Anwender ganz normal weiterarbeitet, ohne Leistungseinbußen wahrzunehmen.
Die Leistungsanforderungen an den Computer sind relativ hoch, der Hersteller unterscheidet zwischen einer minimalen und einer empfohlenen Konfiguration. Nicht nur für Microsoft Windows, sondern auch für Apples macOS, wie es sich für ein professionelles Bildbearbeitungsprogramm gehört, ist DxO OpticsPro erhältlich:
Komponente | Minimal | Empfohlen | macOS |
---|---|---|---|
Prozessor | Intel Core 2 Duo oder AMD Athlon 64 X2 | Intel Core i5 | Intel Core i5 |
Arbeitsspeicher | 4 GB | 8 GB | 4 GB |
Freier Speicherplatz | 2 GB | 6 GB | 2 GB |
Betriebssystem | ab Windows 7 SP1 (64 Bit) | ab Windows 7 SP1 (64 Bit) | ab macOS 10.10 (Yosemite) |
Grafikkarte für GPU-Beschleunigung | DirectX 9.0c, 512 MB | DirectX 9.0c, 512 MB | 512 MB |
Grafikkarte für OpenCL (alternativ) | NVIDIA GeForce 460 oder ATI Radeon HD 58xx | NVIDIA GeForce 460 oder ATI Radeon HD 58xx | - |
Softwarekomponenten | .NET Framework 4.6.1 | .NET Framework 4.6.1 | - |
An Formaten für den Bildexport unterstützt die Software JPEG, das verlustfreie Format TIFF sowie Adobes RAW-Format DNG. Bearbeitet werden RAW-Dateien von mehr als 250 verschiedenen Kameras und sowohl JPEG- als auch TIFF-Dateien. Bestimmte erweiterte Funktionen können aber nur genutzt werden, wenn ein optisches DxO-Modul verfügbar ist, also eine detaillierte Vermessung der Objektiv-Kamera-Kombination durch die Labore des Softwareherstellers. Davon gibt es Hunderte verschiedene, die Verfügbarkeit kann auf der Website von DxO überprüft werden.
Das Programm ist sehr übersichtlich, die Bedienbarkeit gestaltet sich angenehm. Eine Ausnahme ist die Werkzeugleiste, diese wirkt durch die Vielzahl der Einstellungsmöglichkeiten überladen. Für Verwirrung sorgt auch, dass manche Optionen dort doppelt vorhanden sind.
Konfigurierbar ist die Benutzeroberfläche von DxO OpticsPro nur eingeschränkt. Immerhin hat der Anwender die Möglichkeit, alle Paletten entweder links oder rechts anzudocken oder sie freischwebend über die Arbeitsfläche zu legen. Paletten lassen sich auch ausblenden – um die Übersichtlichkeit der rechten Werkzeugliste zu erhöhen, empfiehlt es sich sogar, auf die ein oder andere, selten genutzte Palette zu verzichten. Darüber hinaus kann der Anwender individuelle Paletten erstellen, denen er die gewünschten Werkzeuge einfach per Drag-and-Drop hinzufügt.
Im einhundertseitigen, deutschen Benutzerhandbuch, das als PDF-Datei vorliegt und im Hauptmenü verlinkt ist, werden alle Funktionen des Programms genau dokumentiert. Die selbe Information findet sich nochmal als Website aufbereitet in der Online-Hilfe. Im Bereich „DoX Academy“ der Website erklärt der Hersteller mit vielen etwa fünfminütigen Tutorial-Videos unterschiedliche Funktionen des Programms. Die Tutorials sind einfach und nachvollziehbar gestaltet, so dass auch Anfänger keine Probleme damit haben, ihnen zu folgen.
Das ausführliche, deutschsprachige FAQ im Support-Bereich Herstellerwebsite behandelt weniger die Bedienung des Programms als technische Fragen und solche zum Kauf und zum Kundenkonto. Über ein Web-Formular kann der Kunde selbst Fragen einreichen. Eine telefonische Support-Hotline oder andere Möglichkeiten, um Kontakt mit dem Kundenservice aufzunehmen, wird hingegen nicht angeführt.
DxO OpticsPro ist ein sehr spezialisiertes Bildbearbeitungsprogramm. Es bietet RAW-Entwicklung in allerfeinster Qualität und macht so die Korrektur von Bild- und Belichtungsfehler möglich, die sich mit anderen Programmen entweder gar nicht oder zumindest nicht so einfach ausbügeln lassen. Es ist kein Ersatz für Programme wie Corel PaintShop Pro oder Adobe Lightroom, aber eine sehr sinnvolle Ergänzung für alle, die Wert auf makellose Aufnahmen legen.