Wie unterscheiden sich Kraftsportarten?
Kraftsport wird zunehmend als gesunde Alternative oder auch Ergänzung zu Ausdauersport anerkannt. Doch darunter fallen viele verschiedene Sportarten, die den Fokus auf jeweils unterschiedliche Ziele setzen, sei es Maximalkraft, Muskelaufbau, Körperbeherrschung oder allgemeine Fitness.
Kraftsport ist nicht gleich Kraftsport
Kraftsport beziehungsweise Widerstandstraining wird für den Kraft- und Muskelaufbau ausgeübt. Allerdings ist Kraftsport keine Sportart, sondern eine Trainingsmodalität – genau wie Ausdauersport kein konkreter Sport, sondern eine Trainingsart ist, die viele unterschiedliche Sportarten beschreibt. Diese werden sowohl von Freizeitsportlern also auch von Profis betrieben. Neben der Unterhaltung und der Leistungssteigerung dient Kraftsport auch der Gesundheit, da Widerstandstraining ausgesprochen gesund ist.
Nur weil es unterschiedliche Kraftsportarten gibt, heißt es nicht, dass ausschließlich eine davon ausgeübt werden darf. Es ist möglich, Übungen und Wiederholungsranges von unterschiedlichen Sportarten effektiv ins eigene Training zu integrieren. Einen bestimmten Fokus sollte jedoch jeder Trainingsplan haben, um Fortschritte erzielen und erfassen zu können. Je nach Niveau und zeitlichen Gegebenheiten wird Krafttraining in der Regel zwischen zwei- und sechsmal die Woche getrieben. Mit weniger als zwei Trainingstagen kommen Sie vermutlich nicht weit. Zu häufiges Training kann dagegen zum Übertrainieren führen. Trainingsintensität und Volumen, also die Anzahl an Übungen und Sätzen pro Trainingseinheit, sind wichtige Faktoren, die bei der Trainingsplanung bedacht werden müssen.
Nicht zuletzt setzen die verschiedenen Kraftsportarten den Fokus nicht nur auf unterschiedliche Übungen, sondern auch auf jeweils andere Widerholungsranges. Beim Maximalkrafttraining werden wenige Wiederholungen mit viel Gewicht ausgeführt und es wird regelmäßig der 1RM („1 Rep Max“, sprich „Einwiederholungsmaximum“) getestet. Wer eher auf Muskelaufbau abzielt, trainiert vorwiegend im mittleren Bereich von 5 bis 20 Wiederholungen mit schwerem bis moderatem Gewicht, je nach Übung. Ab 20 Wiederholungen oder mehr mit moderatem bis leichtem Gewicht kann auch von Muskelausdauertraining die Rede sein. Kraft- und Muskelmassezunahme korrelieren größtenteils – schließlich ist ein größerer Muskel ein stärkerer Muskel und wer stärker wird, legt auch Muskelmasse zu. Je nach Ziel variiert das Training jedoch etwas. Lediglich ein bis drei Wiederholungen sind für den Muskelaufbau ebenso wenig ideal wie 15 Wiederholungen für die Steigerung des 1RM.
Gewichtheben: Olympische Sportart mit Tradition
Gewichtheben ist eine olympische Sportart, die aus einem Zweikampf besteht. Das bedeutet, dass im Wettkampf zwei Übungen, das Reißen (Snatch) und das Stoßen (Clean and Jerk), ausgeführt werden. Daraufhin wird das Gesamtgewicht zusammengezählt, um den Sieger oder die Siegerin zu ermitteln. Beide Übungen werden mit einer Langhantel vom Boden aus durchgeführt.
Unter allen Kraftsportarten ist das Gewichtheben von der Technik her am anspruchsvollsten. Beide Übungen sind hochkompliziert und erfordern ein hohes Maß an explosiver Kraft, Mobilität beziehungsweise Flexibilität, Balance und Geschwindigkeit. Flexibilität ist nötig, weil die SportlerInnen beim Reißen aufrecht mit hochgestreckten Armen tief in die Hocke gehen müssen. Balance brauchen sie, um das Gewicht überkopf stabilisieren zu können, und Geschwindigkeit ist gefragt, wenn die SportlerInnen schnell unter die Langhantel tauchen müssen.
Das Gewichtheben stärkt den gesamten Körper. Fortschritte sind auch auf andere Sportarten, bei denen explosive Kraft gefragt ist, beispielsweise Judo, übertragbar. Das Training umfasst vorwiegend Technik-Übungen, sprich Reißen und Stoßen mit moderatem Gewicht, sowie Maximalkrafttraining, also Reißen, Stoßen und einige Zusatzübungen wie Kniebeugen mit viel Gewicht für wenige Wiederholungen. Für Kraftbildung – besonders explosive Kraft – ist die Sportart optimal. Um den Muskelaufbau zu optimieren, gibt es jedoch effektivere Methoden. Zudem werden nicht alle Muskelgruppen gleichmäßig trainiert: Brust und Unterarme arbeiten beispielsweise weniger als die Beine und der Rücken. Nicht zuletzt wird beim Training wiederholt die beladene Langhantel auf den Boden fallen gelassen, was nicht in jedem Fitnessstudio erlaubt ist. InteressentInnen müssen sich demnach vermutlich nach einem Gewichtheber-Fitnessstudio umschauen.
In folgendem Video von Da Bua Lifts werden Reißen und Stoßen gezeigt beziehungsweise erklärt:
Powerlifting: Klassischer Kraftdreikampf
Der Sport „Powerlifting“ (deutsch „Kraftdreikampf“) besteht aus drei Langhantel-Übungen, bei denen das gehobene Gewicht zusammengezählt wird: dem Kreuzheben, der Kniebeuge – nur mit Langhantel auf dem Rücken, also keine Front-Kniebeuge – und dem Bankdrücken auf einer flachen Bank.
Zwar sind die Übungen von der Technik her nicht so anspruchsvoll wie das Gewichtheben, dennoch ist darauf zu achten, diese mit richtiger Technik auszuführen, um die Leistung zu maximieren und Verletzungen vorzubeugen. Ähnlich wie beim Gewichtheben wird beim Powerlifting auf Maximalkraft, sprich das 1RM, trainiert. Die Wiederholungen bleiben demnach gering: ein bis fünf Wiederholungen pro Satz für die drei Hauptübungen plus ein bis drei Zusatzübungen pro Hauptübung, um gewisse Schwächen gegebenenfalls auszugleichen. PowerlifterInnen trainieren meist in Trainingsblöcken, bei denen das Gewicht anfangs moderat ist und sich im Laufe von vier bis acht Wochen erhöht, bis das 1RM getestet oder beim Wettkampf teilgenommen wird.
Beim Kraftdreikampf wird der gesamte Körper trainiert; einige Muskelgruppen wie die Bizepse werden bei den drei Übungen jedoch weniger beansprucht. Der Kraftdreikampf eignet sich zum Kraft- sowie Muskelaufbau, ist für letzteren Zweck jedoch wegen der geringen Wiederholungen für sich genommen nicht optimal. Die drei Hauptübungen werden auch im Rahmen des Trainings anderer Sportarten ausgeübt, um den Körper und somit die Leistung der SportlerInnen zu stärken. Powerlifting ist einsteigerfreundlicher als Gewichtheben, dennoch sollten Trainierende die Übungen erst richtig ausführen können, bevor sie ihre Maximalkraft testen.
In folgendem YouTube-Video von Kroftstodl werden die drei Übungen und der Wettkampfablauf veranschaulicht:
Calisthenics: Perfekte Körperbeherrschung
Calisthenics ist kein Wettkampfsport, sondern eher eine Trainingsart. Der Kraftsport ist mit dem Boden- und Geräteturnen verwandt, da es bei den Übungen gewisse Überschneidungen gibt. Bei Calisthenics wird das eigene Körpergewicht als Widerstand genutzt.
Das Training besteht aus zahlreichen Körpergewichtübungen, durch die besonders der Oberkörper gestärkt wird, etwa Klimmzüge, Liegestütze, Dips oder Pike-Push-Ups. Fortgeschrittene SportlerInnen nutzen manchmal Gewichte, beispielsweise in Form von Gewichtswesten, um die Belastung der Übungen zu erhöhen. Außerdem gibt es gewisse Fähigkeiten, auf die meist hinarbeitet wird, wie der Handstand, das Muscle-Up, die Human Flag, den Front Lever oder die Planche. Solche Übungen sind sehr schwierig, da sie ein hohes Maß an Kraft relativ zum Körpergewicht sowie Geschick, Mobilität und Balance erfordern.
Bei Calisthenics handelt es sich nicht um Maximalkraft, sondern um Kraft im Verhältnis zum eigenen Körpergewicht. Wer Wert auf eine gute Körperbeherrschung legt, ist damit gut beraten. Auch für den Muskelaufbau ist der Sport sehr gut geeignet, da in der Regel mittlere Wiederholungsranges bis zum oder knapp vor dem Versagen trainiert werden. Allerdings eignen sich Calisthenics vorwiegend für Oberkörpertraining. Die Beine, die aus großen und starken Muskelgruppen bestehen, können allein mit dem Körpergewicht nicht optimal trainiert werden. Viel Muskelmasse und somit Gewicht ist jedoch in den Beinen für gewisse Calisthenics-Skills wie die Human Flag oder die Planche eher kontraproduktiv. Calisthenics ist besonders anfängerfreundlich, da es vorwiegend aus simplen Übungen mit geringem Verletzungsrisiko besteht. Zudem brauchen Sie dafür kaum Equipment und können somit fast überall trainieren. Sinnvoll sind aber eine Klimmzugstange und eine Dipstation sowie gegebenenfalls Gymnastikringe.
Im Video von FitnessFAQs werden einige der wichtigsten Calisthenics-Skills sowie Übungen demonstriert:
Bodybuilding: Ästhetischer Körperbau
Wer seine Muskeln vorwiegend aus ästhetischen Gründen trainiert, betreibt Bodybuilding. Anders als bei den anderen Kraftsportarten werden SportlerInnen nicht nach Leistung, sondern anhand von ästhetischen Kriterien bewertet: Auf der Bühne muss möglichst viel Muskelmasse bei möglichst niedrigem Körperfett, also Muskeldefinition, in unterschiedlichen Posen vorgezeigt werden. Auch genetische Merkmale wie die Proportionen spielen dabei eine Rolle. Leider ist der Profisport durch den Missbrauch von Anabolika in Ungnade gefallen. Inzwischen setzt er diese sogar größtenteils voraus, um konkurrieren zu können. Dadurch gefährden Profis jedoch ihre Gesundheit und verringern deutlich ihre Lebenserwartung.
Ziel des Sports ist die Muskelhypertrophie – Fachsprache für Muskelaufbau. Dabei gilt es, den Trainingsimpuls mit der Zeit zu steigern und somit Kraft- sowie Muskelmasse aufzubauen. Zwar wird beim Bodybuilding nicht auf Maximalkraft gezielt, dennoch werden das Gewicht oder die Wiederholungen mit einem bestimmten Gewicht mit der Zeit gesteigert, sprich: Man wird stärker. Die Übungsauswahl besteht zu einem großen Teil aus einer Kombination von Powerlifting und Calisthenics. Kniebeugen, Kreuzheben und Bankdrücken mit der Langhantel finden sich in fast jedem Bodybuilding-Trainingsplan, allerdings meist in etwas höheren Wiederholungsranges als bei Powerlifting. Klimmzüge und Dips mit zusätzlicher Gewichtsbelastung gehören bei den meisten Plänen ebenfalls dazu. Hinzu kommen Isolationsübungen mit Maschinen, Kurzhanteln oder Kabeln für bestimmte Muskeln wie die Arme, die für die Ästhetik wichtig sind, bei den Compound-Übungen aber nicht ausreichend trainiert werden.
Bodybuilding wird durch eine höhere Übungsvielfalt gekennzeichnet, da alle Muskeln einem angemessenen Wachstumsreiz ausgesetzt werden müssen. Sofern mit guter Technik und angemessener Belastung trainiert wird, ist das Verletzungspotenzial sehr gering. Dadurch ist Bodybuilding recht einsteigerfreundlich. Trainiert wird meist im Bereich von 5 bis 20 Wiederholungen – vorwiegend 6 bis 12 – bis zum oder knapp vor dem Versagen, um Muskelhypertrophie zu maximieren. Abgesehen von Steroiden-NutzerInnen ist Bodybuilding ein sehr sicherer und gesunder Sport, der bis ins hohe Alter betrieben werden kann und dem altersbedingten körperlichen Abbau in vieler Hinsicht vorbeugt.
In folgendem Video von What The Science wird erklärt, was Bodybuilding ist und wie Muskeln aufgebaut werden:
Crossfit: Kraft und Ausdauer in einem
Crossfit ist ein Kraft- und Ausdauersport. Beim Wettkampf ist das Ziel, mit einem bestimmten, meist moderaten Gewicht möglichst schnell eine bestimmte Anzahl an Wiederholungen zu erreichen. Dabei handelt es sich um diverse Übungen aus anderen Kraftsportarten wie Calisthenics oder dem Gewichtheben. Nicht zuletzt gibt es reine Ausdauer-Events, wie das Laufen, Radfahren oder Rudern.
Crossfit umfasst drei Trainingsmodalitäten: Kraft, anaerobe Ausdauer – kurzzeitig hohe Intensität – und aerobe Ausdauer – langanhaltende, gleichmäßige Ausdauerform. Es gilt somit als eine vollkommene Sportart. Selten kommt es bei Crossfit auf Maximalkraft an, obwohl es vereinzelt Events gibt, die diese testen. Was vorwiegend trainiert wird, sind höhere Wiederholungsranges in möglichst kurzer Zeit. Deshalb stößt Crossfit oft auf Kritik: Beim Versuch, schnell viele Wiederholungen zu schaffen, wird die Technik missachtet, was zu Verletzungen führen kann. Zudem entstehen Übungen, die von der restlichen Kraftsportgemeinschaft teils zurecht verpönt werden, wie Kipping Pull-Ups. Diese teils problematischen Übungsverläufe betreffen jedoch lediglich SportlerInnen mit Wettkampfambitionen. Wer Crossfit als Freizeitsport betreibt, und auf eine korrekte Ausführung der Übungen achtet, baut Kraft, Muskelmasse, muskuläre Ausdauer und reine Ausdauer zugleich auf, was nicht nur der allgemeinen sportlichen Leistung, sondern auch der Gesundheit zugutekommt.
Crossfit ist demnach eine Sportart, bei welcher zum einen der gesamte Körper und zum anderen beide Haupttrainingsmodalitäten, also Kraft und Ausdauer, trainiert werden. Optimiert wird jedoch keine von beiden. Wer also auf Maximalkraft, höchstmögliche aerobe Ausdauer oder Muskelmasse zielt, ist bei Crossfit bei der falschen Adresse. Ist man jedoch auf allgemeine Fitness, Gesundheit und ein abwechslungsreiches Training hinaus, ist Crossfit kaum zu toppen.
Im YouTube-Video von Analytics Nordbuzz wird das Crossfit-Training für Einsteiger kurz erklärt:
Teaserbild: © pavel_shishkin / stock.adobe.com | Video 1: © Da Bua Lifts / YouTube | Video 2: © Kroftstodl / YouTube | Video 3: © FitnessFAQs / YouTube | Video 4: © What The Science / YouTube | Video 5: © Analytics Nordbuzz / YouTube