Gewährleistungsrecht

Die falsche Größe, ein zu ausgefallenes Muster oder einfach ein farbliches Unglück beim Hosenkauf – ein ärgerlicher Fehlgriff passiert beim Shopping nur allzu oft. Aber wie gestaltet sich die Rechtslage, wenn der Kunde erst zu Hause feststellt, dass sein vermeintlich schwarzes Kleid eigentlich dunkelblau ist und das T-Shirt eine Nummer größer doch vorteilhafter wäre? Die neue Netzshopping-Grafik zeigt, welche Gewährleistungsrechte für deutsche Verbraucher gelten, und deckt die häufigsten Reklamations-Irrtümer auf

Infografik Gewährleistungsrecht

Gewährleistungsrecht

Zu Hause angekommen sieht das gerade gekaufte Kleid plötzlich völlig anders aus, ein Beschenkter freut sich nicht so sehr über das ausgefallene Muster seiner Hose wie man selbst beim Kauf, eine beim Anprobieren super sitzende Hose erweist sich im Alltag als unbequeme Nervensäge oder der Verkäufer im Elektronikmarkt schwatzte einem den Kauf eines Gerätes auf, mit dem man sich nun herumärgert.

Fehlkäufe unterlaufen uns trotz des Ausprobierens im Laden nur allzu schnell. Aber wie gestaltet sich konkret die Rechtslage, wenn wir einen Artikel aus dem Laden getragen haben, den wir nun nicht mehr wollen? Die Netzshopping-Grafik zeigt, welche Gewährleistungsrechte für deutsche Verbraucher gelten, und deckt die häufigsten Reklamations-Irrtümer auf.

Gewährleistung bedeutet nicht Garantie

Die Gewährleistung, auch Mängelhaftung genannt, bezeichnet im deutschen Recht die Verpflichtung, für eine mangelhafte Leistung einzustehen. Darunter fallen zuallermeist Sach- und Rechtsmängel (Paragraf 365 BGB). Viele Verbraucher verwenden die Begriffe „Garantie“ und „Gewährleistung“ synonym, also in ihrer Bedeutung deckungsgleich. Allerdings ist das keineswegs korrekt. Es besteht ein entscheidender rechtlicher Unterschied zwischen beiden Termini. Die Gewährleistung ist eine gesetzlich geregelte Richtlinie für den Gebrauchsgüterkauf, die nicht eingeschränkt werden kann. Für sie ist im Allgemeinen der Händler zuständig. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass der Kunde im Falle eines nicht einwandfreien Kaufs entschädigt wird, sei es in Form einer Erstattung, einer Reparatur, eines Austauschs oder eines Gutscheins. Manche Händler versuchen, die Kunden an den Hersteller zu verweisen, mit der Behauptung, nicht sie als bloßer Händler, sondern der Hersteller als „Verursacher des Schadens“ sei für die Gewährleistung verantwortlich. Das ist schlicht falsch. Kunden sollten sich in solch einem Fall nicht abwimmeln lassen und darauf bestehen, dass der Händler seiner Gewährleistungspflicht nachkommt.

Eine Garantie ist eine freiwillige Zusatzleistung, die in der Regel der Hersteller, nicht der Händler, übernimmt. Eine Garantie stellt ein Versprechen dar, dass eine Ware für einen bestimmten Zeitraum ordnungsgemäß funktionieren wird. Ist gerade das nicht der Fall, können Verbraucher für gewöhnlich eine Reparatur der Ware oder ihren Umtausch durch den Hersteller einfordern.

Grundsatz: Gekauft ist gekauft

Viele Verbraucher sind der Überzeugung, dass sie ein Recht darauf hätten, gekaufte Waren bei Nichtgefallen wieder zurück in den Laden bringen zu können, um den Kaufpreis erstattet zu bekommen. Womöglich schließen sie vom Online-Kauf direkt auf den Kauf vor Ort. Bei Bestellungen im Internet, also sogenannten Fernabsatzgeschäften, steht Verbrauchern nämlich ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu. Es ist gesetzlich verbrieft. Auch Handyverträge fallen beispielsweise unter diese Regelung. So mag sich die Meinung einschleifen, Verträge seien grundsätzlich für einen bestimmten Zeitraum nach Abschluss problemlos widerrufbar. Das gilt jedoch nicht für den Kauf im Einzelhandel: Hier gibt es kein Widerrufsrecht. Wer einen Artikel zur Kasse bringt, bezahlt und in Empfang nimmt, der hat sich – so die Argumentation des Gesetzgebers in dieser Frage – als mündiger Bürger mit dem betreffenden Artikel auseinandergesetzt, ihn überprüft und sich bewusst für seinen käuflichen Erwerb entschieden. Der Händler ist danach nicht mehr verpflichtet, das Produkt allein aufgrund eines Nichtgefallens seitens des Kunden zurückzunehmen. Gekauft ist gekauft: Es liegt ein bindender Kaufvertrag vor.

Kulanz – freiwilliges Entgegenkommen, keine Pflicht!

Da die Händler ihre Kunden aber möglichst nicht vor den Kopf stoßen und für immer vergraulen wollen, nehmen sie Fehlkäufe häufig eben doch zurück. Dann allerdings auf freiwilliger Basis. Dieses als Kulanz bezeichnete Entgegenkommen dient hauptsächlich der Kundenbindung. Macht ein Käufer gute Erfahrungen mit einem Ladengeschäft, erlebt er die Verkäufer als freundliche Geschäftspartner, die ihm ungewollte Artikel wieder abnehmen und sogar den Kaufpreis erstatten, dann erzählt der zurückgetretene Verkäufer wahrscheinlich Bekannten von seinen positiven Erfahrungen mit dem Händler. Das ist allerbeste Publicity und lässt sich auch super für die Profilierung in Werbekampagnen verwenden. Selbst wenn der Verkäufer dem rücktrittswilligen Kunden „nur“ einen Gutschein aushändigt, kommt er diesem schon entgegen und leistet eine freiwillige Kulanz, zu der er keineswegs verpflichtet wäre.

Individuelle Vereinbarungen erlaubt

Viele Händler verankern ihre Kulanz direkt im Kaufvertrag, indem sie etwa auf den Kassenbon drucken: „Umtausch innerhalb von 14 Tagen möglich“ oder „Rückgabe gegen Erstattung binnen zwei Wochen möglich“. Hier sind beide Begriffe scharf zu trennen: Bei einem „Umtausch“ erklärt sich der Händler dazu bereit, den erstandenen Artikel zurückzunehmen und dem Kunden einen entsprechenden Tauschartikel oder einen Gutschein über den Gegenwert des zurückgegebenen Artikels auszustellen. Geld in bar zurück gibt’s hier nicht. Das gilt nämlich ausdrücklich nur bei Vereinbarungen über die „Rückgabe gegen Geld“ oder eben die „Erstattung“ des Kaufpreises. Kunden ist es darüber hinaus erlaubt, ein individuelles Rückgaberecht mit dem Händler zu vereinbaren. Sieht der Händler etwa normalerweise gar keine Rücknahme gekaufter Artikel vor oder sieht er üblicherweise höchstens den Umtausch gegen einen Gutschein vor, während ein Kunde aber sichergehen möchte, sein Geld bei Nichtgefallen wieder ausgezahlt zu bekommen, dann kann er den Händler nach einer zusätzlichen Kulanzleistung in Form einer Erstattung fragen. Diese Abweichung von der gesetzlichen Richtlinie steht beiden Parteien in gegenseitigem Einverständnis frei. Wichtig ist, dass diese Vereinbarung vor dem Vertragsschluss getroffen wird. Der Händler ist hernach rechtlich an sie gebunden.

Wo die Kulanz endet

Allerdings – und zum Glück – steht es Kunden nicht frei, jeden beliebigen Artikel zurückzugeben. Getragene Unterwäsche etwa kann ein Händler nicht mehr so richtig gebrauchen, denn kein Käufer möchte die benutzten heißen Teile von jemand anders noch anziehen. Gleiches gilt für Kosmetika, die aus hygienischen Gründen unbrauchbar werden, wenn sie einmal in Benutzung waren. Kaum jemand ist scharf darauf, sich Creme aufs Gesicht aufzutragen, wenn vorher bereits wildfremde Menschen mit ihren Fingern darin herumgerührt haben, und die Wenigsten setzen bereitwillig einen Deoroller an, wenn der schon in den Achselhöhlen anderer unterwegs war. Auch hygienisch problematische Elektronikartikel wie In-Ear-Kopfhörer fallen unter diese Regelung. Bei Piercings ist es offensichtlich, dass sie nach der Entnahme aus der versiegelten Verpackung als „kontaminiert“ gelten müssen und keinem weiteren Träger zugemutet werden sollten. Aus der verschweißten Folie entnommene CDs, DVDs und Blu-Ray-Discs muss ein Händler ebenfalls nicht zurücknehmen, denn der Käufer sollte sich die Datenträger nicht einfach kopieren und dann zurückgeben können.