Wie alltagstauglich ist das neue Mehrweg-Gesetz?

Wie alltagstauglich ist das neue Mehrweg-Gesetz?

Einwegverpackungen sind ein ökologisches Problem, dessen sich ein neues Gesetz anzunehmen versucht. Wer jetzt Essen zum Mitnehmen bestellt oder direkt vor Ort kauft, darf auf eine Mehrwegverpackung bestehen. Die entsprechenden Verpackungen müssen Gastronomien einer gewissen Größe vorrätig haben. Wie funktioniert das und was bedeutet das für VerbraucherInnen und GastronomInnen?

Einmal Gyros-Pommes im Mehrwegbehälter bitte

Keine Frage, Essen zum Mitnehmen ist schnell und praktisch, verursacht aber auch einen ganzen Haufen Verpackungsmüll. Durch Einwegverpackungen, die zum größten Teil aus Papier, Karton und Kunststoff bestehen, fallen laut einer Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung von 2018 allein in Deutschland rund 350.000 Tonnen Müll im Jahr an. Dieser Müll landet in der Regel im hauseigenen Restmüll oder in öffentlichen Abfalleimern und wird nach der Abholung verbrannt. To-go-Verpackungen sind außerdem ein leidiger alltäglicher Anblick in öffentlichen Grünflächen. Kurzum: Die Ökobilanz von Take-away-Einwegverpackungen ist miserabel.

Das neue Mehrweggesetz ist ein Versuch, dieses Problem einzudämmen und das Aufkommen von Einwegverpackungen aus der Gastronomie zumindest zu verringern. Dabei soll es den KundInnen so leicht wie möglich gemacht werden. So dürfen Speisen nicht mehr kosten, sollten Sie sich für eine Mehrwegverpackung entscheiden. Es sollte außerdem betont werden, dass es sich beim Mehrwegangebot um einen sinnvollen Alternativvorschlag handelt. Essen zum Mitnehmen kann weiterhin wie gewohnt in Einwegverpackungen mitgenommen werden.

Wo gibt es das neue Mehrwegsystem für To-go-Angebote?

Die neue Pflicht gilt für alle Betriebe, die Speisen oder Getränke zum Mitnehmen anbieten, also Cafés, Bistrots, Restaurants, Tankstellen oder Supermärkte. Die Betriebe müssen allerdings eine gewisse Größe haben, nämlich mindestens 80 Quadratmeter und mehr als fünf Beschäftigte. Kleinere Geschäfte sind von der Pflicht ausgenommen. Auf diese Weise sollen Kioske und Imbisse nicht auch noch mit der Umsetzung des Mehrwegsystems belastet werden. Ist der kleine Betrieb allerdings Teil einer Kette, gilt die Ausnahme nicht. Eine weitere Ausnahme gilt für Pizzakartons: da sie aus Pappe bestehen, dürfen sie weiterhin verkauft werden.

Betriebe, die unter die Pflicht fallen, müssen nicht nur ein Mehrwegangebot schaffen, sondern KundInnen auch aktiv darauf hinweisen. Schließlich ist die Kundschaft dann geneigter, einen Mehrwegbehälter zu wählen. Die Möglichkeit, eine Mehrwegverpackung zu nutzen, kann etwa durch Aushänge bekannt gemacht werden.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) überprüfte im Januar 2023 stichprobenartig, ob und wie die Pflicht eingehalten wird. Dabei besuchten die PrüferInnen nicht etwa kleine inhabergeführte Cafés, sondern insgesamt 35 Filialen von großen Ketten wie Starbucks, Bäckerei Steinecke, Edeka, Rewe und Backwerk. Das Ergebnis: In keiner einzigen Filiale wiesen MitarbeiterInnen bei der Bestellung auf die Mehrwegalternative hin. Hinzu kam, dass in jedem dritten Fall gar keine Mehrwegverpackungen zur Verfügung standen. Hier muss also nachgebessert werden.

Rückgabe ist alles andere als ausgereift

Auch wenn das neue Mehrwegsystem im Grunde eine gute Idee ist, offenbaren sich bei der Umsetzung Schwächen, denn diese bleibt den Geschäften selbst überlassen. Bei Einzelbetrieben muss ein erneuter Gang ins Lokal in Kauf genommen werden. Wer das Geschäft häufiger besucht, kann die Mehrwegverpackung beim nächsten Mal einfach wieder mitbringen – praktisch für alle, die häufiger Essen für den Verzehr zu Hause abholen. Wer kurz im Vorbeigehen etwas mitnehmen möchte, setzt aber wohl weiterhin auf eine Einwegverpackung.

Im Gegensatz zu Einzelbetrieben verfügen große Ketten bereits über die Logistik, das neue Mehrwegsystem umzusetzen. Viele von ihnen arbeiten mit Anbietern von Mehrwegsystemen zusammen. Das macht es möglich, die Verpackungen filialübergreifend abzugeben – theoretisch zumindest. TesterInnen von Zeit Online machten die Erfahrung, dass zwei nur wenige hundert Meter auseinanderliegende Filialen einer großen Kette unterschiedliche Becher herausgaben. Die als zweite angesteuerte Filiale nahm den Becher aus dem ersten Geschäft nicht zurück. Mehrwegverpackungen, die nur beim jeweiligen Anbieter zurückgegeben werden können – sogenannte Insellösungen – sind unkomfortabel für KundInnen. Hinzu kommt das erhobene Pfand von oft ein bis zwei Euro. Wer keine Möglichkeit sieht, den Mehrwegbehälter in nächster Zeit wieder abzugeben, wird eher zur herkömmlichen Einwegverpackung greifen.

Mehrwegverpackungen erst nach 25 Nutzungen ökologisch sinnvoll

Die Herstellung von Mehrwegbehältern benötigt Energie und Ressourcen. Auch für das notwendige Spülen werden Wasser und Strom gebraucht. Zwar helfen Mehrwegverpackungen immer, Müll zu reduzieren, eine bessere CO2-Bilanz als Einwegbehälter haben sie aber erst nach 25 bis 50 Nutzungen.

Die Vielzahl an verschiedenen Mehrwegsystemen kann im Endeffekt dazu führen, dass sowohl in der Gastronomie als auch in den Haushalten ungenutzte Behälter aus Plastik herumstehen:

  • in der Gastronomie, weil das Angebot zu wenig in Anspruch genommen wird, aber angeboten werden muss
  • in den Haushalten, weil die Rückgabe zu kompliziert ist

Dasselbe Problem stellte sich nach der Einführung des Flaschen- und Dosenpfands 2003. Die Lösung: Supermärkte und Discounter wurden dazu verpflichtet, alle Flaschen und Dosen anzunehmen – sofern sie solche aus dem gleichen Material im Sortiment haben.

Die Lösung wäre also auch hier ein unternehmensübergreifendes und einheitliches Mehrwegsystem, wie wir es aus dem Supermarkt kennen. Die Umsetzung eines solchen Systems wird aber wahrscheinlich noch einige Jahre auf sich warten lassen, falls es überhaupt kommt.

So reduzieren Sie Ihren Verbrauch an Einweg-Verpackungen

In bestimmten Fällen ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch komfortabel, eine Mehrwegverpackung zu nutzen – etwa, wenn Sie Speisen von einem Lokal abholen, das sich in Ihrem Viertel oder Stadtteil befindet und das Sie ohnehin regelmäßig aufsuchen. Doch selbst unterwegs ist es nicht unbedingt schwer, auf Einwegverpackungen zu verzichten.

Viele Filialen bekannter Ketten bieten zum Beispiel die Möglichkeit, einen eigenen Becher mitzubringen und befüllen zu lassen. Eine sinnvolle Alternative zum Einwegbecher ist also der gute alte Thermobecher. Manche Lokale geben Speisen auch in mitgebrachte Behälter. Kleine Verhaltensänderungen können ebenfalls dazu beitragen, Einwegmüll zu reduzieren. Kochen Sie zum Beispiel Kaffee vor und füllen ihn in eine Isolierkanne. Das reicht den ganzen Tag und ist außerdem günstiger. Und wie wäre es, sich hin und wieder die Zeit zu nehmen, vor Ort zu essen, anstatt unterwegs?


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