Warum Wein nicht zwangsläufig vegan ist

Warum Wein nicht zwangsläufig vegan ist

Wer schon einmal vor dem Weinregal im Supermarkt stand, hat vielleicht auf einigen Flaschen eine Aufschrift entdeckt, die das Produkt als vegan deklariert. Da Wein aus Trauben gewonnen wird, scheint es naheliegend zu sein, dass der Alkohol von Natur aus vegan ist. Warum ist dann die Deklaration „vegan“ nötig? Tatsächlich kann Wein tierische Bestandteile enthalten.

Weinherstellung – Hilfsmittel mit Konsequenzen

Wein sollte für alle, die vegan leben, eigentlich unproblematisch sein. Immerhin wird es aus Trauben hergestellt. Viele Weine enthalten aber tierische Bestandteile. Woran liegt das? Der Schlüssel liegt in der Weinproduktion. Diese beginnt mit der Ernte und Auslese der reifen Trauben im Spätsommer. Nach der Auslese kommen die Trauben in die Mühle und werden zerdrückt. Die resultierende Maische besteht somit aus Fruchtanteilen und Saft.

Der eigentliche Alkohol entsteht erst durch die Gärung. Dabei wandeln natürliche sowie oft zugesetzte Hefen den Zucker der Trauben in Alkohol um. Bei der Rotweinherstellung starten WinzerInnen den Gärprozess bereits mit der Maische, um die charakteristische rote Farbe zu erhalten. Bei anderen Weinsorten kommt nur der Fruchtsaft zum Einsatz, der mit einer Presse aus der Maische gewonnen wird. Der sogenannte Jungwein ist fertig, sobald nur noch ein geringer Restzuckeranteil vorhanden ist, der für den Geschmack erforderlich ist.

Der Jungwein ist aber noch nicht von der Resthefe getrennt, die für die Gärung so wichtig war. Zudem sind zahlreiche organische Verbindungen entstanden, darunter Polysaccharide und Polypeptide, die den Geschmack und die Farbe des Weins beeinflussen und ihn trüben. Bevor der Wein in den Handel gelangt, erfordert es daher nicht nur einer Reifung, sondern auch einer Klärung. Die Klärung des Weins, auch Schönung genannt, soll den Wein von den Trübstoffen befreien sowie Geschmacksfehler beheben. Es ist der entscheidende Schritt, der dazu führt, dass viele Weine nicht mehr vegan sind.

Um den Wein zu klären, kommen typischerweise technische Hilfsmittel zum Einsatz, also Stoffe, die einen bestimmten Vorgang unterstützen sollen und nach dessen Vollendung wieder entfernt werden. Hierfür nutzen WeinerzeugerInnen traditionell tierische Proteine, die die Trübstoffe binden und sich am Boden des Behältnisses absetzen. Im Anschluss lässt sich der klare Wein abschöpfen.

Welche tierische Eiweiße kommen zum Einsatz?

Typische tierische Eiweiße bei der Weinklärung sind

  • Kasein, das aus frischer Milch gewonnen wird,
  • Albumin, was im Eidotter enthalten ist,
  • Gelatine, die aus Schweineknochen hergestellt wird, und
  • Hausenblase, also im Grunde die getrocknete Schwimmblase von Fischen.

Während sich Kasein, Gelatine und Hausenblase mit den Trübstoffen verbinden, hat Albumin einen anderen Zweck: Es verringert den Gerbstoffgehalt, sodass der Wein – meist Rotwein – milder wird. Des Weiteren nutzen WeinerzeugerInnen das Enzym Lysozym, um einen spontanen Säureabbau zu verhindern.

Klärung auf vegane Art

Tatsächlich ist es kein Problem, Wein ohne tierische Hilfsstoffe herzustellen. Es bedarf sogar keinerlei Hilfsmittel, um Wein zu klären, da sich die Partikel von allein am Boden absetzen. Dieser Vorgang, genannt Sedimentation, ist zudem besonders schonend für den Wein. Allerdings dauert er etwa doppelt so lange wie die Klärung mit Zusätzen.

Praktischerweise funktioniert die Klärung mit pflanzlichem Protein genau so gut wie mit tierischen Erzeugnissen. Typisch sind Proteine aus Erbsen, Bohnen oder Kartoffelstärke. Eine weitere Möglichkeit ist Mineralerde beziehungsweise Bentonit, das aus Vulkanasche stammt. Darüber hinaus wirkt Aktivkohle gegen Geruchsirritationen und Geschmacksfehler.

Woran ist veganer Wein erkennbar?

WeinherstellerInnen sind nicht dazu verpflichtet, die Inhaltsstoffe ihrer Produkte auf der Flasche anzugeben – es sei denn, allergieauslösende Stoffe wie Lysozym, Albumin und Kasein überschreiten einen bestimmten Grenzwert, was in der Regel aber nicht der Fall ist. Eine gute Möglichkeit, trotzdem veganen Wein zu erkennen, sind Siegel und Kennzeichnungen auf den Produkten. Da es kein einheitliches europäisches Siegel gibt, nutzen Weinhersteller Siegel von Organisationen, die sich der veganen Lebensweise verschrieben haben.

Die bekanntesten sind das V-Label der Europäischen Veganer Union, das in Deutschland von ProVeg International vergeben wird, sowie die Veganblume der Vegan Society of England. Beide Siegel werden nur an Produkte vergeben, bei denen während der Herstellung keine tierischen Stoffe zum Einsatz kamen. Achten Sie beim V-Label aber darauf, dass die Ergänzung „vegan“ vorhanden ist, da es auch eine vegetarische Variante gibt.

Des Weiteren gibt es Weinhersteller, die der Beschreibung oder dem Produktnamen auf der Flasche nur den Schriftzug „vegan“ beifügen, ohne ihr Produkt zertifizieren zu lassen, etwa weil ihnen der Zertifizierungsprozess zu aufwendig oder zu teuer ist.

Dann gibt es noch die WeinerzeugerInnen, die vegane Weine produzieren, aber damit nicht auf den Flaschen werben. Bei einem Spontaneinkauf im Handel sind sie überhaupt nicht von nicht veganen Weinen unterscheidbar. Auf der Website der ErzeugerInnen finden Sie aber oft den Hinweis, ob ein Wein vegan ist. Veganen Wein mithilfe der Webpräsenz zu identifizieren, ist allerdings nur dann sinnvoll, wenn Sie ohnehin vor dem Kauf online nach dem besten Wein suchen und nicht bereits im Laden stehen.


Teaserbild: © Andrii / stock.adobe.com | Abb. 1: © V-Label Deutschland