Regrowing: Neue Pflanzen aus Obst- und Gemüseresten?
Neues Obst und Gemüse aus Resten zu züchten, so wie es zu Zeiten Ihrer Großeltern gang und gäbe war, geriet über die Jahre in Vergessenheit. Dank des wachsenden Interesses an einem nachhaltigen Lebensstil kam es zu einem Wiederaufleben dieses Prinzips: Regrowing ist gut für die Umwelt und den Geldbeutel.
Obst und Gemüse anpflanzen: Die nachhaltige Art
Pflanzen verfügen über die besondere Eigenschaft, aus einzelnen oder abgetrennten Teilen neu zu wachsen. Auf genetischer Ebene ist die resultierende Pflanze ein exakter Klon der Ursprungspflanze. Diese Eigenschaft ist unter Gärtnern als vegetative Vermehrung bekannt und wird von ihnen zur Pflanzenzucht benutzt. Hierzu entnehmen sie beispielsweise einzelne Blätter oder Triebspitzen geeigneter Flora und platzieren sie in Substrat. Mit diesen sogenannten Stecklingen lassen sich die Pflanzen endlos vermehren.
„Regrowing“ oder „Nachwachsen lassen“ funktioniert nach demselben Grundprinzip, nur dass Obst- und Gemüsereste zum Einsatz kommen. Mittlerweile umfasst der Begriff auch das Anzüchten mittels Obstkernen sowie Stecklingen von Küchenkräutern.
So funktioniert Regrowing
Es gibt im Grunde zwei Methoden, um Obst und Gemüse aus Resten zu züchten. Während Sie einige Pflanzen wie Zwiebeln, Kohlrabi und Obstkerne direkt in die Erde einsetzen können, sind andere auf das Vorwässern angewiesen.
Füllen Sie hierzu ein Glas oder ein anderes Behältnis mit Wasser und setzen Sie den Gemüserest hinein. Das Gemüse sollte unbeschädigt und frei von Schimmel sein. Wie groß das abgeschnittene Stück sein soll, hängt von der Sorte ab: Während bei Frühlingszwiebeln drei Zentimeter oder mehr erforderlich sind, empfiehlt sich bei Romanasalat beispielsweise ein mindestens fünf Zentimeter langer Strunk. Nach etwa fünf Tagen bis drei Wochen sprießen Blätter oder Wurzeln aus dem Pflanzenstück. Anschließend können Sie es in einen Topf mit Anzuchterde pflanzen.
Welche Pflanzen eignen sich für Regrowing?
Die Auswahl von alltägliche Gemüse- und Obstresten, die Sie nachwachsen lassen können, ist groß: Dazu gehören Wurzel-, Blatt- und Kohlgemüse, Salat, Lauchgewächse, Kartoffeln und Süßkartoffeln sowie Kräuter und Steinobst. Geeignetes Wurzelgemüse wie Karotten, Pastinaken, Rettich und Knollensellerie benötigen erst eine Zeit im Wasser, bis sie feine Haarwurzeln bilden, die anschließend in der Erde zu Wurzeln werden.
Bei Blattgemüse handelt es sich um Arten, deren Blätter und Stiele essbar sind. Geeignete Kohlsorten sind beispielsweise Staudensellerie, Mangold und Pak Choi. Blumenkohl, Brokkoli und Romanesco wachsen nicht, sondern blühen, weshalb sie sich nicht für Regrowing eignen. Ebenso wenig können Sie Weiß- und Rotkohlreste sowie Kohlsprossen verwenden.
Unter den Salatsorten eignet sich Romanasalat besonders gut. Wichtig bei der Salatzüchtung ist ein ausreichend großer Strunk: Ungefähr fünf Zentimeter sind sinnvoll. Nach etwa fünf bis zehn Tagen im Wasser wachsen sowohl erste Wurzeln als auch frisches Grün. Ab dann können Sie den Salat einpflanzen.
Bei den Zwiebel- und Laucharten sind Porree, Lauch- und Gemüsezwiebeln sowie Knoblauch ideal für Regrowing. Gemüsezwiebeln und Knoblauch pflanzen Sie sofort in einen Topf mit Erde in, wohingegen Porree und Lauchzwiebeln erst im Wasser Wurzeln ausbilden müssen.
Auch Kartoffeln und Kräuter benötigen kein Wasserbad, ein Süßkartoffelstück hingegen erfordert ein 15-tägiges Vorwässern, um Wurzeln zu schlagen und Triebe zu bilden. Bei Steinobst wie Aprikosen pflanzen Sie direkt den Kern in die Erde ein. Das folgende YouTube-Video des Kanals Plantura verdeutlicht den Regrowing-Prozess anhand von mehreren Gemüsesorten, sodass Einsteiger bald erste Erfolge erzielen können:
Pflege der nachwachsenden Pflanzen
Da jede Pflanze unterschiedliche Anforderungen hat, gibt es nicht den idealen Standort. Vor allem in der ersten Phase des Regrowings ist es aber wichtig, dass der Pflanzenrest genügend Licht hat, damit sich die Wurzeln beziehungsweise Blätter bilden können. Deshalb eignet sich ein heller Platz auf der Fensterbank gut. Auch Wärme ist ein essenzieller Faktor: Für viele Pflanzen ist eine Temperatur von 20 Grad Celsius angemessen.
Während des Vorwässerns ist es wichtig, das Wasser regelmäßig zu wechseln, um ein Verfaulen des Strunks, Triebs oder Ansatzes zu vermeiden. Es empfiehlt sich, das Behältnis täglich oder jeden zweiten Tag neu zu befüllen. Vergessen Sie nicht, den eingepflanzten Rest regelmäßig zu bewässern. Wird der ursprüngliche Topf zu eng, setzen Sie die wachsende Pflanze in einen fünf bis zehn Zentimeter größeren Topf mit frischer Universalerde.
Lang und aufwendig: Regrowing für Fortgeschrittene
Während sich die Anforderung von Salat oder Lauchgewächsen beim Regrowing in Grenzen halten, gibt es durchaus anspruchsvollere Pflanzen, die mehr Pflege und eine lange Wartezeit erfordern, bis das Ernten möglich ist. Es handelt sich vorwiegend um tropische Pflanzen, die viel Wärme und eine hohe Luftfeuchtigkeit benötigen. Wurzeln wie Ingwer und Galgant oder Steinfrüchte wie Avocado und Mango müssen über mehrere Jahre gepflegt werden, bis die Pflanzen erntereif sind. Oft sind die klimatischen Bedingungen nicht durchgängig optimal, sodass sie nie erntereif werden.
Die Ananas: Ein Beispiel
Auch reife Ananas können Sie nachwachsen lassen: Zuerst trennen Sie den Blattschopf so ab, dass drei Viertel der Frucht zum Essen übrig bleibt. Im Anschluss entfernen Sie das Fruchtfleisch vorsichtig vom Stück mit dem Schopf und lassen den Strunk etwa zwei bis drei Tage an der Heizung trocknen, um Fäulnis zu vermeiden. Danach können Sie den Blattschopf ins Wasser stellen. Sobald er etwa fünf Millimeter lange Wurzeln gebildet hat, können Sie den Ananasrest einpflanzen. Ananas benötigen Temperaturen von mindestens 25 Grad Celsius und eine hohe Luftfeuchtigkeit von 60 Prozent, um zu wachsen.
Allerdings sind diese Bedingungen in Wohnräumen kaum erreichbar. Wer beispielsweise mit einem hellen Wintergarten ein geeignetes Umfeld erzeugen kann, hat die beste Chance, nach etwa drei bis vier Jahren eine kleine Ananasfrucht zu ernten.