Kunststoff-Upcycling mit Hitze

Kunststoff-Upcycling mit Hitze

Kunststoffe kommen in allen Lebensbereichen zum Einsatz. Sie dienen unter anderem als Rohstoffe für Verpackungen, Gehäuse, Rohre oder Spielzeuge. Diese Vielseitigkeit macht sie zu einem hervorragenden Werkstoff für Heimwerker-Projekte. Eine der grundlegenden Verarbeitungsmethoden ist das Verformen unter Hitzeeinwirkung.

Kunststoff ist erstaunlich formbar

Kunststoffe findet man heute überall. Das liegt nicht zuletzt an ihren vielen praktischen Eigenschaften: Sie sind leicht und dennoch stabil, korrosionsbeständig, einfach zu bearbeiten und in jede beliebige Form modellierbar.

Da die meisten Kunststoffe allerdings nicht biologisch abbaubar sind, können sie nicht entsorgt werden, ohne der Umwelt Probleme zu bereiten. Das bedeutet nicht, dass Kunststoff nicht nachhaltig einsetzbar ist. Der Anteil vom recyceltem Plastik in der Industrie und Wirtschaft nimmt von Jahr zu Jahr zu. Zudem sprießen regelmäßig neue Unternehmen aus dem Boden, die Plastikmüll auf kreative Art wiederverwerten.

Auch Verbraucher können Kunststoffprodukte wie Behälter und Verpackungen für eigene Projekte nutzen. Upcycling liegt im Trend und Alltagsgegenstände oder Wegwerfprodukte aus Kunststoff sind ideal für diese Praxis. Aus alten, ungeliebten Schallplatten entstehen zum Beispiel Schüsseln, Blumenvasen und Lampenschirme. Bastler, die eine zündende Idee haben und sich kreativ austoben wollen, finden zwischen den unzähligen Kunststoffplatten, Rohren und Stangen im Handel mitunter das ideale Material. Während die einen ihr Zuhause verschönern möchten, nutzen andere Kunststoff, um Schmuck und Accessoires zu kreieren. Unter Modellbauern ist das Verwenden von Kunststoff ohnehin gang und gäbe.

Wer nur in der Lage ist, die Materialien zu schneiden und zu kleben, stößt irgendwann an seine Grenzen: Eine andere Form ist nötig. Praktischerweise ist das Verformen von Kunststoffen problemlos in den eigenen vier Wänden machbar.

Diese Kunststoffe eignen sich zum Verformen

Kunststoffe lassen sich anhand ihrer Reaktion auf Wärme in drei Kategorien einteilen: Thermoplaste, Duroplaste und Elastomere. Davon sind nur thermoplastische Kunststoffe mit Hitze verformbar. Während Duroplaste wie Kunstharz nicht verformbar sind, behalten Elastomere wie synthetischer Kautschuk die veränderte Form nicht bei.

Zu den Thermoplasten gehören unter anderem

  • PVC (Polyvinylchlorid),
  • Acrylglas beziehungsweise PMMA (Polymethylmethacrylat),
  • PE (Polyethylen),
  • ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) sowie
  • PETG (Polyethylenterephthalat-Glycol).

Nach dem Erkalten behalten sie die neue Form bei. Die meisten Kunststoffbauteile, -produkte und -verpackungen bestehen aus Thermoplasten. ABS, Polystyrol und PETG sind im Modellbau häufig vertreten und gut zum Verformen geeignet. Bei PVC lässt sich zwischen hart und weich unterscheiden. Feste Produkte wie Rohre, Platten und Stangen bestehen meist aus Hart-PVC, während Matten oder Folien aus Weich-PVC gefertigt sind. Wer PVC modellieren möchte, wählt eher Hart-PVC.

Warum die richtige Temperatur essenziell ist

Thermoplastische Kunststoffe verlieren ab einer bestimmten Temperatur ihre Festigkeit. Ist die nötige Wärme erreicht, erfordert das Verformen nur einen geringen Kraftaufwand. Die Temperaturbeständigkeit unterscheidet sich aber von Kunststoff zu Kunststoff. Während sich Hart-PVC bereits bei einer Temperatur von rund 70 Grad Celsius verformen lässt, erfordert Acrylglas eine Hitzezufuhr von etwa 160 Grad Celsius. Erhitzen Sie den Werkstoff jedoch nicht zu stark: Bei einer Temperatur von 160 Grad Celsius beginnt bei PVC bereits der Zersetzungsprozess, der an der dunklen Verfärbung erkenntlich ist. Zu hohe Temperaturen schaden nicht nur dem Material, sondern setzen mitunter auch giftige Dämpfe frei. Bei den für die Wärmeverformung erforderlichen Temperaturen entfliehen keine Schadstoffe.

Kunststoff Temperaturbeständigkeit
ABS 130 °C
Acrylglas 160 °C
Hart-PVC 70 °C
PE 140 °C
PETG 70 °C
Polystyrol 70 °C
Nicht jeder Kunststoff wird bei der gleichen Temperatur formbar.

So verleihen Sie Kunststoffen eine neue Gestalt

Um verschiedene Kunststoffe zu erwärmen, eignen sich ein Backofen sowie ein einfacher Heißluftföhn aus dem Baumarkt. Heißes Wasser ist nur eine Option, wenn sich der Kunststoff bereits bei einer Temperatur von unter 100 Grad Celsius verformt. Es ist ratsam, bei allen Methoden Handschuhe zu tragen, um Verbrennungen zu vermeiden. Zum Biegen und Verformen sind Hilfsmittel wie Negativformen beziehungsweise Gießformen empfehlenswert, in die sich der Kunststoff drücken lässt. Auch Gegenstände wie Töpfe, Schüsseln oder Platten können beim Verformen von Kunststoffen helfen.

Ofen für flächiges Erwärmen

Mit der Backofen-Methode ist nur das gesamte Werkstück erhitzbar. Zum Erhitzen von Kunststoffplatten funktioniert diese Variante gut, sofern sie nicht größer als der Innenraum des Ofens sind. Da das gesamte Material aber weich wird, sind präzise Verformungen schwer machbar. Meist kommt es zu unerwünschten Formveränderungen in anderen Bereichen.

Wer Acrylglasplatten erhitzen möchte, stellt den Backofen auf 160 Grad Celsius und erhitzt das Material eine Minute pro Millimeter Plattenstärke. Eine Drei-Millimeter-Acrylglasplatte benötigt also etwa drei Minuten im Backofen. Sobald Sie das Material aus dem Ofen nehmen, können Sie die Form an die eigenen Wünsche anpassen. Im Anschluss empfiehlt es sich, das Acrylglas in der gewünschten Form zu fixieren, bis es vollständig abgekühlt ist.

Heißluftföhn für präzises Erwärmen

Für größere Platten sowie Rohre und Stangen ist ein Heißluftfön die bessere Wahl. Er ähnelt einem Haarföhn, aber die Luft ist heiß genug, um selbst Acrylglas an die Temperaturgrenze vom 160 Grad Celsius zu bringen. Ein Heißluftföhn ermöglicht es Nutzern, bestimmte Bereiche des Kunststoffs punktgenau zu erwärmen. Sie können beispielsweise nur die Knickstelle erwärmen, an der Sie das Material biegen wollen. Halten Sie den Heißluftfön etwa 30 Zentimeter vom Werkstoff entfernt. Erwärmen Sie diesen langsam und gleichmäßig. Bei einer Plattendicke von mehr als vier Millimetern ist es sinnvoll, die Biegekante von beiden Seiten mit dem Föhn zu bearbeiten. Indem Sie mehrere Regionen nacheinander erhitzen und modellieren, können Sie sogar komplexe Formen erschaffen.

Der YouTuber MrHandwerk erklärt im folgenden Video, wie sich Acrylglas mit einem Heißluftföhn und einer Arbeitsplatte einfach biegen lässt:

Wer Rohre bearbeiten möchte, füllt diese am besten zuvor mit Sand, um unschöne Knicke zu vermeiden. Bewegen Sie den Föhn langsam um die zu biegende Stelle, bis diese sich leicht zu verändern beginnt. Wurde das Rohr zuvor fixiert, kann die freie Hand den Zustand abtasten und beim Formen unterstützen.


Teaserbild: © thanapol2516 / stock.adobe.com | Abb. 1: © Sergey Ryzhov / stock.adobe.com | Video: © MrHandwerk / YouTube