Insekten essen - hipper Foodtrend oder Blick in die Zukunft?
Für viele ist es nur schwer vorstellbar, Insekten zu essen oder sie gar in den regelmäßigen Speiseplan zu integrieren – und das, obwohl für rund ein Drittel der Erdbevölkerung Käfer, Würmer und Heuschrecken zur alltäglichen Ernährung gehören. Zwar halten sie hierzulande inzwischen vermehrt Einzug in den Markt, viel mehr als ein Trendfood und Nischenprodukt sind sie allerdings noch nicht. Doch müssen wir uns eventuell darauf einstellen, künftig Insekten zu essen?
Warum sind Insekten gesund?
Insekten als Nahrungsmittel kommt derzeit noch für die Wenigsten infrage. In Deutschland hat nur jeder Zehnte schon einmal ein Insekt gegessen, von den übrigen 90 Prozent können es sich zwei Drittel nicht vorstellen. ErnährungsexpertInnen weisen jedoch schon seit langer Zeit auf den hohen Eiweiß- und Proteingehalt vieler Insektenarten hin; so haben manche Heuschreckenarten mehr Eiweiß als Hühnerfleisch, andere Insekten so viel wie Nüsse. Der Proteingehalt von Mehlwürmern beispielsweise wird mehr als verdoppelt – von etwa 19 auf 51 Prozent –, wenn sie gefriergetrocknet werden. Dann haben sie sogar einen doppelt so hohen Wert wie Rind- oder Schweinefleisch. Zudem enthalten die meisten verzehrbaren Insekten Omega-3-Fettsäuren sowie Mineralstoffe und Vitamin B.
Insekten als Tierfutter
Wenn schon nicht für uns Menschen, dann könnten Insekten zumindest für Zuchttiere – etwa Hühner und Schweine – als Futtermittel herhalten, beispielsweise als Ersatz für Soja. Aufgrund des rasanten weltweisen Bevölkerungswachstums steigt schließlich auch der Fleischbedarf rapide an. Allerdings muss es auch für das Insektenfutter Regelungen geben: Werden diese mit Soja oder Fischmehl ernährt, wäre der Vorteil ad absurdum gefüht.
Umweltfreundliche Haltung
Ein auf der Hand liegender Vorteil in der Haltung für zur Nahrung gezüchtete Insekten ist der benötigte Platz. Hochgerechnet auf die gleiche Menge an verzehrbarem Fleisch benötigt ein Huhn – bei artgerechter Haltung – den doppelten Platz wie die meisten Insekten; bei Rindern ist es sogar mitunter mehr als das 30-Fache. Gleichzeitig verursacht die Haltung von Insekten nur einen Bruchteil der Emissionen, als es bei anderen Tieren der Fall ist. Dafür benötigen Insekten deutlich mehr Wärme, um sich wohlzufühlen und zu vermehren. Hierzulande müssten Insektenfarmen über das Jahr verteilt lange beheizt werden.
Zulassung als Hürde
Seit 2018 existiert die sogenannte Novel Food Verordnung, gemäß derer neue Lebensmittel von der Europäischen Nahrungssicherheitsbehörde EFSA (European Food Safety Authority) untersucht werden müssen. In der EU sind nur drei Insekten offiziell als Lebensmittel klassifiziert: die Europäische Wanderheuschrecke, Hausgrille (Heimchen) und Mehlwurm. Für vier weitere Arten – Buffalowurm, Kurzflügelgrille, Honigbienen-Drohnenbrut und Schwarze Soldatenfliegenlarve – gilt derzeit eine Übergangsregelung bis zur endgültigen Zulassung; sie dürfen ebenfalls verkauft werden. Weltweit gibt es jedoch über 2.000 Insektenarten, die uns Menschen als Nahrung dienen können.
Als Lebensmittel können Mehlwürmer und Heuschrecken längst im Handel gekauft werden, vom Spezialitätengeschäft bis zum Discounter. Es gibt sie als Snack mit Kräutern und Gewürzen oder verarbeitet in Energieriegeln und Burgerpatties. Auch hier gelten strenge Regularien: Mehlwürmer dürfen nur getrocknet oder zu Pulver verarbeitet verkauft werden und ihr Anteil in Lebensmittel darf einen bestimmten Prozentsatz nicht übersteigen.
Gefahr durch Parasiten?
Theoretisch können Insekten von Parasiten befallen sein, die auch Menschen schaden. Da diese aber durch Erhitzen sterben, ist das Risiko verschwindend gering. In der Regel werden die Insekten schon erhitzt, bevor sie verkauft beziehungsweise weiterverarbeitet werden. Für in der EU zum Verkauf freigegebene Insekten gab es bisher keine Auffälligkeiten bezüglich parasitären Befalls.
Erst Angebot oder erst Nachfrage?
Ein Problem ist, dass es noch keine festen Regularien gibt, wie die Insekten beispielsweise möglichst artgerecht gehalten und auf welche Weise sie schnell getötet werden können. Es gibt keine klaren Vorgaben zur Zulassung von Betrieben, die Insekten verarbeiten, und keine Richtlinien, die besagen, dass Insekten wiederum mit umweltschonenden Ressourcen ernährt werden müssen. Da es keine industrielle Zucht gibt, sind die Krabbeltiere (noch) relativ teuer. Für Mehlwurm- und Heuschrecken-Snacks zahlen Sie pro 100 Gramm beispielsweise 15 Euro und mehr. Als wirkliche Alternative ist das nicht lohnenswert.
Die in Deutschland vertriebenen Insekten stammen aus kontrolliertem Anbau, etwa von inländischen Farmen oder aus Spanien beziehungsweise den Niederlanden. Lebensmittelhersteller, die Insekten weiterverarbeiten, importieren diese beispielsweise aus Kanada oder aus Südostasien. Letzteres ist belastend für die CO₂-Bilanz, weshalb inländische beziehungsweise europäische Zuchtfarmen vernünftiger wären.
Es bleibt die Frage, ob erst die Nachfrage nach insektenbasierten Lebensmitteln ansteigen muss, damit diese in breiterer Produktpalette und zu erschwinglicheren Preisen zu kaufen sind, oder ob das Produkt den Menschen erst schmackhaft gemacht werden muss. Das kann dadurch geschehen, dass sie vermehrt in verarbeiteter Form wie beispielsweise in Nudeln, Würsten oder Chips auf den Markt kommen. Dann wäre das Ursprungsprodukt nicht mehr erkennbar und die Hemmschwelle würde sinken.
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