Joomla ist weder ein extrem benutzerfreundliches Blog-Tool noch ein hochkomplexes Werkzeug für professionelle Web-Entwickler. Es ist aber vor allem ein intuitives, strukturiertes CMS, das Anwender schnell verstehen und mit dem sich die meisten aller Web-Projekte realisieren lassen.
Betrachtet man die drei großen Content-Management-Systeme, steht Joomla zwischen WordPress und Drupal. Was die Zahl der weltweiten Installationen betrifft einerseits, aber auch die Komplexität betreffend andererseits. Joomla versucht, den Anwendern eine mit WordPress vergleichbare Benutzerfreundlichkeit zu bieten, ohne zu viel Komplexität dafür zu opfern. Das macht es für Leute attraktiv, die sich nicht mit technischen Details beschäftigen wollen, aber etwas mehr wollen als ein Blog oder eine einfache Website zur Präsentation ihres Unternehmens. Mit Joomla können sie beispielsweise auch eine E-Commerce-Plattform oder ein Forum relativ einfach in die Seite integrieren.
Das Content-Management-System Joomla entstand im Jahr 2005 als Fork (Abspaltung) des CMS Mambo. Software-Entwickler waren unzufrieden mit bestimmten Entscheidungen betreffend der Verwaltung des Mambo-Projekts. Daraus entwickelte sich eine öffentliche Kontroverse über die Definition von Open-Source. Dies führte schließlich zur unabhängigen Weiterentwicklung von Mambo als neues Projekt Joomla, während das ursprüngliche Mambo-Projekt 2008 eingestellt wurde.
Wie viele andere Web-Anwendungen und CMS auch, ist Joomla in der Skriptsprache PHP geschrieben und verwendet eine MySQL-Datenbank (alternativ: MS SQL oder PostgreSQL). Damit ist es auf den meisten Webservern, die diese gängigen Techniken verwenden, lauffähig.
Im Vergleich zu Drupal ist Joomla einerseits einfacher weil es nicht so viele abstrakte Organisations- und Strukturelemente beinhaltet, andererseits wird bei der Entwicklung von Joomla streng auf moderne und effiziente Programmiermethoden geachtet. Das hat nicht nur den Vorteil, dass es deutlich einfacher ist, Erweiterungen für Joomla zu programmieren, sondern auch, dass Joomla geringere Anforderungen an die Serverleistung stellt. Die Open-Source-Software ist schneller und kommt mit günstigerer Hardware aus.
Wer sich zum ersten Mal in das Backend von Joomla einloggt, findet sich leicht zurecht. Die Benutzerführung ist absolut konsistent gehalten. Der User hat über eine horizontale Leiste am oberen Bildschirmrand Zugriff auf alle Funktionen des Systems. Die Leiste gliedert sich in sieben große Abschnitte, die jeweils ein Drop-Down-Menü öffnen:
In diesen Drop-Down-Menüs führen die Einträge erster Ebene jeweils zu einer Übersichtsliste. Wer unter „Inhalt“ auf „Artikel“ klickt, kommt beispielsweise zu einer Übersicht aller Artikel, die er filtern und nach einer Reihe von Kriterien sortieren kann. Oder „Gruppen“ im Menü „Benutzer“, das bringt den Anwender zu einer Liste der Benutzergruppen, die er genauso wie die Artikel durchsuchen und sortieren kann. Auch hier wird sichtbar, wieviel Wert die Joomla-Entwickler auf sauberen Programmcode legen: Elemente wie die Komponenten zum Suchen und Sortieren sind offenbar so universell gestaltet, dass sie an unterschiedlichen Stellen des Programmes verwendet werden.
Eine Besonderheit von Joomla ist, dass der User nicht auf das Menü zugreifen kann, wenn er gerade Inhalte bearbeitet. Die Menüeinträge werden dann dunkler dargestellt, der Nutzer kann sie nicht anklicken. Zuerst muss er den Artikel schließen. Das fühlt sich anfangs etwas ungewohnt an. Es nervt. Nach einiger Zeit erschließen sich aber die Vorteile dieses User-Interface-Designs. Es zwingt den Nutzer zu strukturiertem Arbeiten, da es kaum möglich ist, das Backend gleichzeitig in mehreren Tabs zu öffnen und dadurch die Übersicht über den eigenen Arbeitsprozess zu verlieren.
Sehr schön ist die Medienverwaltung gelöst. Es ist eine Verzeichnisstruktur mit Ordnern und Vorschaubildern, in der sich der Nutzer sofort zurechtfindet. Er kann neue Medien löschen und hochladen, sie in einer Vorschau ansehen sowie Ordner anlegen und löschen. Damit ist der Funktionsumfang der Medienübersicht allerdings schon erschöpfend beschrieben, ohne Erweiterungen ist das alles, was der User tun kann. Eine Möglichkeit zum Verschieben von Dateien fehlt leider. Wurde eine Datei versehentlich in den falschen Ordner hochgeladen, muss sie zunächst gelöscht werden, um daraufhin am korrekten Ort abermals hochgeladen zu werden.
Beim Editor kann der User in den Einstellungen zwischen TinyMCE und CodeMirror wählen. TinyMCE ist ein featurereicher, graphischer Text-Editor, der bei vielen anderen Content-Management-Systemen auch zum Einsatz kommt. Er ist hier so konfiguriert, dass der Anwender die meisten Funktionen direkt über einen Button erreicht und nicht erst lange im Drop-Down-Menü suchen muss. Dazu gehören auch Komfort-Funktionen, die in anderen CMS selten zu finden sind. Zum Beispiel ein Button, um die aktuelle Uhrzeit einzufügen.
Während der graphische Editor zwar gut ist, aber nicht aus der Masse ähnlicher CMS-Editoren heraussticht, ist der Quelltext-Editor CodeMirror tatsächlich eine angenehme Überraschung. Bei vielen anderen CMS können Anwender nur in einem normalen Text-Eingabefeld am Quelltext von Artikeln arbeiten. CodeMirror hingegen hat Syntax-Highlighting, er hebt also HTML-Tags farblich hervor. Außerdem ergänzt er jeden geöffneten Tag um einen geschlossenen. Das sind zwei Funktionen, die die Quelltext-Bearbeitung erheblich vereinfachen.
Bemerkenswerterweise ist Multi-Site-Fähigkeit keine Kernfunktion von Joomla. Es ist jedoch relativ einfach, entweder mit Weiterleitungen im Template oder durch Einträge in der Serverkonfigurationsdatei .htaccess etwas Ähnliches wie eine Multi-Site-Installation zu konfigurieren. Allerdings ist dann keine getrennte Verwaltung der Seiten im Backend möglich. Darüber hinaus gibt es zuverlässige Erweiterungen, die Joomla multi-site-fähig machen.
Mehrsprachige Websites können hingegen realisiert werden, ohne zu tricksen oder das Grundsystem zu erweitern. Der Betreiber der Website muss dazu im Grunde nur die gewünschten Sprachen installieren und als Content-Sprachen aktivieren sowie natürlich die Inhalte übersetzen.
In Joomla können Anwender beliebig viele Benutzer und Benutzergruppen erstellen. Zur Vereinfachung kommt Joomla schon standardmäßig mit einer Reihe von vordefinierten Gruppen. Anbieter können aber nach Belieben neue Gruppen erstellen und vorhandene Gruppen löschen.
Die Verwaltung von Benutzerrechten ist gleichzeitig detailliert und anwenderfreundlich. Detailliert, weil es tatsächlich möglich ist, für jeden einzelnen Artikel die Rechte zu ändern. Übersichtlich bleibt es trotzdem, weil die Rechte nur für Benutzergruppen, aber nicht für einzelne Benutzer gelten und sich die Werte bei Artikeln auf drei Rechte beschränken: „Bearbeiten“, Löschen“ und „Bearbeitungsstatus ändern“. Genauso wie für Artikel gibt es in jedem Einstellungsmenü einen Reiter für Benutzerrechte. Die Rechte sind also eine Funktion, die im Prinzip bei jedem Objekt im Programm zur Verfügung steht. Das ist deutlich übersichtlicher als eine lange, zentrale Liste, um sämtliche Rechte zu verwalten.
Die meisten CMS können über Plugins und Themes erweitert werden. Joomla allerdings unterscheidet zwischen fünf verschiedenen Arten von Erweiterungen:
Was Templates und Sprachen sind, ist sofort ersichtlich. Der Unterschied zwischen Komponenten, Modulen und Plugins wird aber nicht sofort klar. Im praktischen Alltagseinsatz ist er auch nicht so bedeutend, da alle diese Arten von Erweiterungen gleichermaßen im Erweiterungskatalog gelistet sind und die Installation gleich verläuft.
Komponenten sind die mächtigsten Erweiterungen, die Kernfunktionen des Programmes verändern. Module sind mit den Widgets in WordPress vergleichbar, sie fügen der Website kleine Funktionen hinzu und werden an verschiedenen Stellen auf der Website platziert. Plugins schließlich modifizieren einzelne Funktionen von Joomla.
Joomla integriert den Erweiterungs-Katalog direkt ins Backend. So können Websitebetreiber unkompliziert alle verfügbaren Erweiterungen durchsuchen und sie mit einem Klick installieren und testen. Die Erweiterungen sind übersichtlich nach thematischen Kategorien geordnet. Es gibt Nutzerbewertungen und Erfahrungsberichte zu den Erweiterungen, zudem sehen Nutzer, wann das letzte Update veröffentlicht wurde und wie lange es eine Erweiterung schon gibt. Insgesamt sind fast 8.000 Erweiterungen verfügbar.
Bei Templates unterscheidet Joomla zwischen Templates für das Frontend und solchen für das Backend. Websitebetreiber können also mit dem entsprechenden Template auch den gesamten Bearbeitungs- und Verwaltungsbereich der Website umgestalten.
Das Installieren von Templates ist nicht ganz so einfach wie das von anderen Erweiterungen. Weder gibt es ein zentrales Verzeichnis für Joomla-Templates, noch ist es möglich, sie mit einem Klick zu installieren. Allerdings ist Joomla eines der beliebtesten CMS, darum gibt es über das Web verstreut unzählige Templates, sowohl kostenlose als auch Premium-Templates, deren Verwendung Geld kostet. Eine Google-Suche sollte reichlich Ergebnisse liefern. Anwender installieren ein Template, indem sie die gepackte Datei im Backend hochladen. Auch das ist nicht schwierig und wird in der Dokumentation erklärt, allerdings ist es nicht ganz so intuitiv wie das Installieren von Erweiterungen.
Zusammenfassend macht Joomla in puncto Erweiterbarkeit ein gutes Bild im Test. Entsprechend der Bekanntheit dieses Content-Management-Systems gibt es ein großes Angebot, die Installation funktioniert angenehm einfach und der Erweiterungs-Katalog macht das Suchen nach zusätzlicher Software sehr unkompliziert. Joomla bietet viele Vorteile.
Joomla ist das CMS, das weltweit am zweithäufigsten eingesetzt wird. Entsprechend groß ist auch die Community. Weltweit treffen sich lokale User-Groups regelmäßig. Laut der offiziellen Liste auf joomla.org sind die meisten davon, nämlich 96, in Europa, 13 davon in Deutschland. Zum Vergleich: In Nordamerika existieren 23 Joomla-User-Groups. Noch größer ist die Zahl der User-Groups, die auf der deutschen Community-Website joomla.de gelistet sind. Mit 32 User-Groups sollte es im deutschen Sprachraum von Wien bis Wolfenbüttel, von Lübeck bis Freiburg nicht schwierig sein, sich bei Bedarf auch direkt von Mensch zu Mensch über diese Open-Source-Software auszutauschen.
Wie für Typo3 auch gibt es für Joomla ein Zertifizierungsprogramm, das die Qualität von Joomla-Dienstleistungen garantiert. Das Programm steckt allerdings noch in den Kinderschuhen, es wurde erst im April 2016 aus der Taufe gehoben. Nur eine Handvoll Zertifizierungsstellen, die Learning Partner genannt werden, ist registriert. Die Anzahl der Administratoren, die die Ausbildung bereits durchlaufen haben, dürfte noch beschränkt sein. Der Aufbau einer globalen Schulungs-Infrastruktur ist aber bestimmt keine Aufgabe, die sich von einem Tag auf den anderen bewältigen lässt.
So ist zu erwarten, dass sowohl die Anzahl der Learning Partners als auch der zertifizierten Administratoren in Zukunft zunehmen wird.
Positiv im Test fällt der sehr einheitliche und strukturierte Aufbau der Benutzeroberfläche auf. Wer sich einmal mit der grundsätzlichen Funktionsweise von Joomla vertraut gemacht hat, findet sich in allen Teilen des Programms schnell zurecht.
Joomla fühlt sich für neue Nutzer deutlich freundlicher an als beispielsweise Drupal, Plone oder gar Typo3. Die Software ist nahezu so unkompliziert wie WordPress, ohne dass Websitebetreiber allerdings so schnell an die Grenzen des Systems stoßen. Im Vergleich zu den erwähnten, hochkomplexen Content-Management-Systemen könnte man sagen, Joomla bietet einen Großteil der Möglichkeiten dieser Systeme bei einem Bruchteil von deren Kompliziertheit. Das dürfte für vielen Anwender genau der goldene Mittelweg sein, nach dem sie suchen.