Contao ist eine deutsche Spezialität, in der restlichen Welt ist es kaum bekannt. Zu den Vorzügen der Software gehören ein guter Kompromiss zwischen Einfachheit und Funktionsumfang, eine aktive, lokale Community und gute Erweiterbarkeit, das Bedienkonzept ist jedoch gewöhnungsbedürftig.
Wie Typo3 ist auch Contao ein besonders in Deutschland beliebtes Content-Management-System. Der Marktanteil des CMS hierzulande liegt mit fast vier Prozent weit über dem internationalen Marktanteil von 0,2 Prozent. Contao ist mit einem deutlichen Abstand zu Joomla und knapp vor Drupal das viertmeistverwendete CMS in Deutschland. Das liegt auch daran, dass das Content-Management-System seinen Ursprung hier hat: Leo Fayer, der Begründer und bis heute Chef-Entwickler des Contao-Kernsystems, lebt in Wuppertal.
Lange war Fayer der einzige Entwickler, der am Kernsystem des CMS arbeitete. Heute ist damit eine Arbeitsgruppe aus fünf Programmieren beschäftigt. Viel internationaler ist Contao dadurch allerdings nicht geworden, die fünf leben alle in der DACH-Region, genauer gesagt in Deutschland oder der Schweiz. Allerdings ist auch eine Handvoll „International Ambassadors“ Teil des CMS-Projektteams. Sie sind für die Repräsentation von Contao in Ländern wie Spanien, Frankreich und sogar Japan zuständig.
Das Backend des Content-Management-Systems liegt in diversen Sprachen vor, unter anderem Englisch, Spanisch, Russisch und Japanisch, und passt sich automatisch an die Spracheinstellungen des Browsers an.
Im Vergleich zu anderen CMS im Test wirkt Contao minimalistisch, fast schon spröde. Contao ist ein echtes Leichtgewicht und liefert Web-Inhalte auch bei hohen Zugriffszahlen schnell aus. Darauf verweist auch der ursprüngliche Name des CMS. Bis 2010 hieß es TYPOlight, doch aufgrund der Verwechslungsgefahr mit Typo3 wurde es von TYPOlight in Contao umbenannt.
Gerne wird Contao als Conent-Management-System von Agenturen eingesetzt. Sie lösen so anspruchsvolle Projekte und erstellen komplexe Websites, doch für ihre Kunden ist es anschließend einfach, diese zu aktualisieren. Dass sich das Backend individualisieren lässt, mag auch zur Attraktivität des Content-Management-Systems in diesem Bereich beitragen. So können die Agenturen ihren Kunden nämlich Websites mit individuell gebrandetem Backend passend zum Projekt liefern.
Contao erlaubt Redakteuren, relativ viel Einfluss auf die Seitengestaltung zu nehmen. Ein Artikel wird im Backend des CMS nämlich nicht nur in einem Editor-Fenster erstellt, sondern er besteht aus mehreren Textblöcken, die der Autor fast nach Belieben arrangiert. Das kann für Autoren erfreulich sein. Schließlich haben sie so mehr Einfluss auf die Darstellung ihres Textes. In anderen CMS gibt es ähnliche Funktionen als Erweiterung; dass so umfangreiche Seitengestaltungsmöglichkeiten Teil des Grundsystems des CMS sind, ist nicht üblich. Die Editor-Fenster bieten das Übliche: der Rich-Text-Editor, der zum Einsatz kommt, ist wie bei vielen anderen CMS auch TinyMCE.
Das Organisationselement, mit dem sich Nutzer von Contao wohlfühlen sollten, sind Listen. Meistens mit hierarchischer Baumstruktur, in kleiner Schrift und mit kleinen Icons. So werden die Menüs im Conent-Management-System verwaltet, sinnigerweise. Aber auch die Inhalte und die hochgeladenen Medien werden in eine solche Struktur im CMS eingepflegt.
Das Content-Management-System wird hauptsächlich über diese Listen gemanagt. Es gibt zwar in der linken Seite des Backend-Fensters ein Menü, aber wer sich nur daran orientiert, wird einen Großteil der Möglichkeiten übersehen, die Contao bietet. Um beispielsweise die Anordnung der einzelnen Module (das sind Elemente des Frontends wie beispielsweise die Menüleiste oder ein Artikel) auf der Seite zu ändern, öffnet der Anwender zuerst im Menü den Bereich Themes. Dort geht er auf „Die Seitenlayouts bearbeiten“, dann wählt er eines der Layouts und klickt auf „Layout bearbeiten“. Nun schließlich kann er die Position der Module bestimmen und überhaupt das Seitenlayout sehr umfassend umgestalten – ganz ohne HTML-Kenntnisse. Contao führt also zwischen einzelnen Artikeln und Themes für die gesamte Website eine weitere Gestaltungsebene ein.
Contao ordnet einzelne Benutzer einer oder mehreren Benutzergruppen zu. Benutzerrechte werden ausschließlich auf Gruppenebene vergeben. Benutzer können in mehreren Gruppen Mitglied sein und erhalten automatisch die Rechte aller dieser Gruppen. Die Rechtevergabe ist ausgesprochen detailliert – das kommt vor allem dadurch zustande, dass jedes einzelne Formularfeld des Content-Management-Systems für eine Gruppe deaktiviert oder aktiviert werden kann, was zur Folge hat, dass die Liste der Rechte für die Benutzer mehrere Bildschirmseiten lang ist.
Zusätzlich gibt es sogenannte Pagemounts und Filemounts, das sind die Zugriffsrechte für die Seiten- und Dateistruktur des CMS. Damit ein Redakteur im CMS einen Artikel bearbeiten kann, müssen allerdings zwei Bedingungen erfüllt werden: Der Artikel muss in den Pagemounts für seine Benutzergruppe aktiviert und die Bearbeitung muss in der Dateistruktur für ihn freigeschaltet sein.
Eine Multi-Domain-Installation legt der Website-Betreiber über Einstellungen in der Serverkonfigurationsdatei .htaccess an. Obwohl die Contao-Grundinstallation keine expliziten Funktionen für mehrsprachige Websites hat, ist es nicht schwierig, eine solche mit diesem CMS zu betreiben. Wer sich im Web umsieht, findet mehrere Anleitungen dafür. Diese greifen entweder auf die Bordinstrumente des Conent-Management-Systems zurück oder arbeiten mit Erweiterungsmodulen für das CMS.
Auch wenn Contao auf den ersten Blick nicht nach viel aussieht: Das Conent-Management-System bietet Webseite-Betreibern erstaunlich umfangreiche Möglichkeiten. Ob man es klar strukturiert und systematisch findet oder ob man es für ein Usability-Problem hält, dass wichtige Funktionen relativ tief im System vergraben sind, ist letztlich eine Frage der persönlichen Vorlieben.
Erweiterungen heißen bei Contao schlicht „Erweiterungen“, der offizielle Erweiterungs-Katalog des CMS auf der Homepage listet beinahe 2.000 verschiedene auf. Der Seitenbetreiber durchsucht den Katalog direkt im Backend. Wenn er eine passende Erweiterung gefunden hat, installiert er sie mit einem Klick. Der Katalog lässt sich nach Kriterien wie Popularität und Wertung sortieren. Das hilft, hochwertige Erweiterungen zu finden. Viele der Erweiterungen werden ausgiebig und auf Deutsch beschrieben. Dadurch, dass Änderungs-Logs verfügbar sind und gezielt nach Kompatibilität zur aktuellen Contao-Version gesucht werden kann, ist es möglich, veraltete Erweiterungen zu vermeiden.
Im Gegensatz zu den Erweiterungen kosten alle Themes im offiziellen Katalog auf der Website Geld. Die Preise bewegen sich allerdings auf einem erschwinglichen Niveau, sie reichen von knapp 30 Euro bis zu fast 110 Euro. Kostenpflichtige Themes sind auch bei anderen Content-Management-Systemen üblich, dass allerdings im offiziellen Katalog des Conent-Management-Systems überhaupt keine kostenlosen Designs gelistet werden, ist eine Besonderheit von Contao. Dabei ist es nicht so, dass es keine kostenlosen Designs gibt: wer sich ein wenig im Web umsieht, findet sie schnell, meistens auf den Seiten der Hersteller, nicht in Theme-Verzeichnissen.
Die Contao-Community hat ihre Heimat im deutschsprachigen Mitteleuropa. Wer beispielsweise zur diesjährigen Contao Konferenz möchte, muss nicht um die halbe Welt reisen, sondern nur nach Potsdam beziehungsweise Berlin.
Auch online schlägt sich die Verankerung im deutschsprachigen Raum nieder. Das Forum, das selbstverständlich auch auf Deutsch verfügbar ist, stellt mit zehntausenden von Beiträgen eine reiche Ressource dar. Die sehr übersichtliche und leicht lesbare Online-Dokumentation gibt es zusätzlich auf Französisch und Englisch. Darüber hinaus behandeln unzählige deutsche Blogs und Websites das Thema, nicht wenige davon stammen von Firmen oder Freiberuflern, die sich professionell mit diesem CMS beschäftigen.
Mit der Community hat Contao für hiesige Nutzer also einen deutlichen Heimvorteil. Es ist eines der wenigen CMS, bei denen man in Deutschland im Zentrum des Geschehens ist.
Contao ist ein CMS, das Autoren maximale Freiheit bei der Gestaltung der Seiten lässt. Dass bei der Entwicklung großer Wert auf Benutzerfreundlichkeit gelegt wird, zeigt sich auch am einfachen Installationsprozess für Erweiterungen und Themes. Da mehr Wert auf Funktionalität gelegt wird, ist die Benutzeroberfläche gewöhnungsbedürftig und das Standarddesign des Backends wirkt altmodisch.
Wer sich aber mit der verschachtelten Benutzerführung anfreunden kann, findet in Contao ein minimalistisches, flottes CMS, das vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten aufweist, aber gleichzeitig relativ nahe an der Website bleibt. Anwender müssen nicht zu tief in abstrakte Konzepte eintauchen, um die Möglichkeiten von Contao auszuschöpfen. Eine Alternative auf diesem Komplexitätslevel wäre Joomla. Auch das Conent-Management b2evolution ist vergleichbar. Während jenes jedoch stark auf vorgefertigte Bausteine setzt, lässt Contao mehr Gestaltungsspielraum.