Wie kulant ist Amazon bei Retouren?

Wie kulant ist Amazon bei Retouren?

Der Online-Händler Amazon wird von Kunden für seinen Service geschätzt. Ist etwas defekt, wird schnell für Ersatz gesorgt und viele Artikel können ohne Angabe von Gründen zurückgeschickt werden. Doch das massenhafte Retournieren ist nicht nur schlecht für die Umwelt: Wer das Rückgaberecht überbeansprucht, dem droht der Ausschluss von der Plattform.

Amazon ermöglicht Kunden einfache Retouren

Ein falsches Ladegerät bestellt, eine Jeans geordert, die im Bund nicht passt, oder ein elektrisches Gerät erhalten, das doch nicht gefällt? Amazon ist sehr kulant und ermöglicht die kostenfreie Rücksendung vieler Artikel.

Teils geht die Kulanz sogar so weit, dass Kunden ihr Geld erstattet bekommen, ohne die Artikel zurücksenden zu müssen. Das soll Stammkunden zufriedenstellen, falls ein Defekt oder ein anderes Problem auftreten sollte.

Längeres Rückgaberecht als gesetzlich vorgeschrieben

Laut Fernmeldeabsatzgesetz haben Kunden im Versandhandel generell ein Widerrufsrecht. Das garantiert, dass sie Waren innerhalb von 14 Tagen und ohne Angaben von Gründen zurücksenden können. Amazon hat diese Rücksendefrist auf 30 Tage erweitert.

Allerdings hat das Vorgehen auch betriebswirtschaftliche Gründe: Jede Rücksendung stellt einen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand für Amazon dar. Sowohl für den Versandweg als auch die Prüfung der Ware durch einen Mitarbeiter entstehen für Amazon erhebliche Kosten. Amazon möchte daher Rücksendungen weitestgehend vermeiden. Wer diese Großzügigkeit allerdings ausnutzt, kann hart bestraft werden.

Wie viele Sendungen werden im Durchschnitt retourniert?

Genaue Zahlen zu Rücksendungen geben weder Amazon noch die Wettbewerber im Online-Handel bekannt. Laut einem Bericht des Handelsblatts aus dem Jahr 2020 schicken Online-Shopper jedes sechste Paket zurück. Amazon ist ein Online-Händler mit vielen unterschiedlichen Warenkategorien, daher könnten diese Zahlen realistisch sein. Noch schlechter sieht die Bilanz bei reinen Modehändlern wie Zalando aus: Knapp jedes zweite Paket geht hier zurück – sei es, weil die Größe nicht stimmt, das Kleidungsstück schlecht sitzt oder es einfach nicht gefällt.

Das verursacht nicht nur Kosten für den Verkäufer, der den doppelten Versand und die doppelte Bearbeitung bezahlen muss, sondern belastet auch die Umwelt: Nicht alle Waren, die zurückgeschickt wurden, können als neuwertig weiterverkauft oder wiederaufbereitet werden. Einige Waren werden daher an Unternehmen verkauft, die dann damit handeln. Andere Produkte werden gespendet.

In einigen Fällen können die Produkte beispielsweise aus hygienischen Gründen nicht mehr aufbereitet werden oder aber die Bearbeitung und der Wiederverkauf lohnen sich aus finanziellen Gesichtspunkten für die Händler nicht – in diesen Fällen werden die Waren vernichtet. Auch hier geben die Händler keine genauen Zahlen bekannt.

Welche Folgen drohen bei häufigen Rücksendungen?

Einzelne Rücksendungen sind kein Problem, doch häufen sich die Retouren, wird es für Amazon unwirtschaftlich. Genau beziffern lässt sich die Anzahl nicht, aber wird es dem Online-Händler zu bunt, droht die Kontensperre. Er spricht im Ernstfall davon, dass die Anzahl der Retouren „haushaltsübliche Mengen übersteige“. Dann sind keine weiteren Bestellungen mehr möglich.

Wie viele Retouren sind bei Amazon erlaubt?

Amazon selbst gibt keine Auskünfte über die Anzahl an Paketen, die Kunden ohne Konsequenzen zurückschicken können. In Kündigungs-E-Mails spricht der Branchenprimus von „haushaltsüblichen Mengen“, die überschritten wurden. Anschließend wurde Kunden die weitere Nutzung der Plattform untersagt. Kritik gibt es dafür vonseiten der Verbraucherzentralen: Das undurchsichtige Gebaren verärgere Kunden. Klare Hinweise in den Vertragsbedingungen und Warnungen bei auffälligem Rücksendeverhalten wären angebracht.

Darf Amazon mein Kundenkonto sperren?

Generell besteht im Online-Handel der Grundsatz der Privatautonomie. Das bedeutet, dass Händler wie Amazon selbst aussuchen dürfen, mit wem sie Geschäfte machen. Fällt ein Kunde durch Unwägbarkeiten wie häufige Retouren oder Zahlungsaufschübe beziehungsweise -ausfälle auf, kann Amazon entscheiden, mit diesem keine Geschäfte mehr zu machen. Die Sperrung eines Nutzerkontos ist damit rechtlich zulässig. Allerdings muss Amazon das 14-tägige Widerrufsrecht für ausgelieferte Waren einhalten. Danach kann der Händler entscheiden, ob er Kunden weiter beliefern möchte. Laut Verbraucherzentrale fehlt es an einer eindeutigen numerischen Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Andere Online-Händler wie Media Markt oder OTTO handhaben es anders: Entweder verzichten sie komplett auf den Ausschluss einzelner Nutzer oder sie kündigen ihre Unzufriedenheit über die Häufung von Retouren zumindest rechtzeitig an. So haben Nutzer die Möglichkeit, ihr Rücksendeverhalten zu überdenken und ihre Retouren bei Bedarf rechtzeitig zu reduzieren beziehungsweise einzustellen.

Was passiert mit gekauften digitalen Inhalten und Services?

Haben Sie einen Hinweis von Amazon über die Schließung Ihres Kundenkontos erhalten, sollten Sie prüfen, ob Sie weiterhin Zugang zu digital erworbenen Inhalten wie Filmen, Musik oder Hörbüchern haben. Rechtlich ist der Anbieter verpflichtet, diesen Zugang weiterhin sicherzustellen. Sollte dies nicht der Fall sein, hält die Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt eine Briefvorlage bereit, mit der Nutzer den Anbieter auffordern können, Zugang zu diesen Inhalten zu gewähren. Der Erwerb neuer digitaler Inhalte ist hingegen nicht mehr möglich. Amazon-Prime-Kunden steht ein anteiliger Erstattungsanspruch der gezahlten Jahresentgelte zu.