Mit Mozilla VPN erschließt sich der renommierte Browser-Hersteller Mozilla ein neues und potenziell gewinnbringendes Geschäftsfeld. Dabei macht er vieles richtig. Warum wir Mozilla VPN trotzdem nicht uneingeschränkt empfehlen können, erfahren Sie in unserem Testbericht.
Die Mozilla Foundation ist InternetnutzerInnen vor allem als Entwickler des Browsers Firefox bekannt. Mozilla ist als gemeinnützige Stiftung organisiert und steht für ein offenes Internet sowie den Schutz der Privatsphäre. Dass die Mozilla Foundation seit Kurzem auch als VPN-Anbieter in Erscheinung tritt, ist somit nur konsequent.
Begonnen haben die diesbezüglichen Bemühungen von Mozilla im Jahr 2019. Damals wurde das Firefox Private Network interessierten AnwenderInnen als kostenlose Beta-Version zur Verfügung gestellt. Ursprünglich war das VPN nur mittels einer Browser-Erweiterung für Firefox nutzbar. 2020 folgte dann die Veröffentlichung eines eigenständig nutzbaren VPN-Clients. Um zu verdeutlichen, dass dieser unabhängig von Firefox genutzt werden kann, wurde das Produkt in Mozilla VPN umbenannt. Der Dienst war anfangs nur in sechs Ländern verfügbar, Deutschland gehörte nicht dazu. Seit April 2021 können aber auch KundInnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz das VPN der Firefox-MacherInnen nutzen.
In der Selbstdarstellung präsentiert sich Mozilla VPN zurückhaltend und seriös. Damit unterscheidet sich Mozilla wohltuend von anderen Anbietern, die ihre VPNs geradezu als Wunderwaffe gegen Hacker, Geheimdienste und andere Datenschnüffler anpreisen. Bei Mozilla hingegen konzentriert man sich auf das Kernversprechen, dass das VPN die Nutzung von öffentlichen WLANs sicherer macht.
Die Kernfunktionen eines VPNs, nämlich Verschlüsselung des Datenverkehrs zwischen Client und Server sowie Verschleierung der IP-Adresse und somit des Standorts der UserInnen, werden klar genannt. Genauso deutlich wird aber auch erklärt, was ein VPN nicht zu leisten vermag und wovor es nicht schützt. Um nicht Opfer von gefälschten Websites, E-Mail-Betrug und anderen Formen der Online-Kriminalität zu werden, sollten InternetnutzerInnen nämlich wachsam sowie umsichtig bleiben und sich nicht aufgrund des VPNs in falscher Sicherheit wiegen.
Noch etwas unterscheidet das VPN von seinen Konkurrenten: Mozilla betreibt keine eigenen Server, sondern setzt auf eine Kooperation mit Mullvad. Damit hat Mozilla einen Partner, der als einer der sichersten und vertrauenswürdigsten VPN-Anbieter gilt. Für KonsumentInnen birgt das aber das Problem, dass sie beiden Firmen vertrauen müssen und wenn sie erfahren wollen, wie es um ihre Daten bestellt ist, auch die Datenschutzerklärungen und Logging-Richtlinien von beiden durchlesen sollten.
Mullvad gibt sich in dieser Hinsicht ausgesprochen transparent und erklärt sehr detailliert, wie intern mit Daten verschiedenster Art umgegangen wird. Nutzungsdaten wie IP-Adressen, DNS-Anfragen und die Bandbreite werden nicht geloggt. Überprüft wird allerdings, ob NutzerInnen die maximale Anzahl gleichzeitiger Verbindungen überschreiten. Um Missbrauch zu vermeiden, speichert Mullvad auch IP-Adressen temporär – allerdings nicht die von legitimen UserInnen, sondern nur die von Personen, die sich missbräuchlich Zugang zu dem Dienst zu verschaffen versuchen.
Seitens Mozillas werden hauptsächlich Daten gespeichert, die für die Verwendung eines Firefox-Kontos – ein solches ist Voraussetzung für die Nutzung von Mozilla VPN – notwendig sind. Neben der E-Mail-Adresse ist das vor allem die IP-Adresse, die bei der Registrierung für Mozilla VPN übermittelt wird, um zu eruieren, ob sich die Userin beziehungsweise der User in einem der unterstützten Länder befindet.
Von den Zahlungsanbietern – Stripe für Kreditkarten, PayPal sowie Apple und Google Pay beim Kauf der mobilen Apps – erhält Mozilla auch eine Rechnungsadresse. Da weder die Bezahlung mit Bargeld noch mit einer Kryptowährung unterstützt wird, ist eine anonyme Nutzung nicht möglich.
Bei Mozilla VPN ist das Protokoll WireGuard voreingestellt. Das lässt sich von AnwenderInnen auch nicht ändern: OpenVPN, das von den Mullvad-Servern auch unterstützt wird, kann nicht eingestellt werden.
Manche UserInnen dürften sich zwar etwas mehr Auswahlmöglichkeiten wünschen, aber wenn es schon ein fix eingestelltes VPN-Protokoll sein muss, dann ist WireGuard eine gute Wahl. Von allen aktuell verwendeten VPN-Protokollen ist es das modernste. Durch seinen schlanken Quellcode können Fehler und Schwachstellen vergleichsweise einfach gefunden werden, außerdem arbeitet es sehr ressourcenschonend – das kommt nicht zuletzt der Akkulaufzeit von mobilen Geräten wie Smartphones, Tablets und Laptops zugute. Viele andere VPN-Anbieter verwenden noch standardmäßig OpenVPN und bieten WireGuard nur als Option an, wenn überhaupt.
Für zusätzliche Sicherheit sorgt die Multi-Hop-Funktion (Doppeltes VPN), die AnwenderInnen bei Bedarf verwenden können. Ist sie aktiviert, wird der Traffic nicht nur über einen, sondern gleich über zwei VPN-Server geleitet. Diese Technik bringt zusätzliche Sicherheit gegen gezielte Überwachung. Um eine Netzwerkabfrage zum Ausgangspunkt zurückverfolgen zu können, müssten Hacker oder Geheimdienste nämlich Zugriff auf beide Server erlangen. Da die Datenpakete aber auch einen längeren Weg zurücklegen müssen, geht diese Funktion zulasten der Geschwindigkeit.
Preislich ist Mozilla VPN relativ moderat. Für einen Monat sind 9,99 Euro zu bezahlen, für zwölf Monate 59,88 Euro – also 4,99 Euro für jeden Monat. Damit zählt der Anbieter gewiss nicht zu den teuersten, ist allerdings auch kein ausgesprochenes Schnäppchen. Zu bedenken wäre allerdings, dass Mullvad selbst, also das Original, immer nur 5,00 Euro pro Monat kostet und monatlich gekündigt werden kann.
Zu ermitteln, wie viele Server den AnwenderInnen genau zur Verfügung stehen, erweist sich als nicht ganz einfach. Aber im Unterschied zu den meisten Anbietern, die nur vage Angaben veröffentlichen, ist es bei Mozilla beziehungsweise Mullvad möglich. Das ist vor allem der Transparenz von Mullvad zu verdanken. Mozilla schreibt auf der eigenen Website, dass es mehr als 400 Server in über 30 Ländern gibt. An anderer Stelle wird aber direkt auf die Serverliste von Mullvad verlinkt, und die hat es in sich. Der Anbieter nennt jeden einzelnen verwendete Server inklusive folgender Angaben:
Die Liste umfasst 808 Server in 38 verschiedenen Ländern. Das übertrifft die von Mozilla genannte Serverzahl bei Weitem. Wieso nennt Mozilla keine größere Zahl? Die Antwort liefert die Filterfunktion: Filtert man nur die Server heraus, die WireGuard unterstützen (Mozilla VPN verwendet exklusiv nur WireGuard), kommt man auf 516 Server in 34 Ländern. Ein Gegencheck durch manuelles Durchzählen der Serverstandorte im Client verschafft Gewissheit: Auch das sind 34.
Beim Geschwindigkeitstest schnitt Mozilla VPN gut ab. Da eine automatische Standortauswahl vom Client nicht unterstützt wird, verbanden wir uns dafür mit dem Standort in Frankfurt am Main – dem nächsten und vermutlich bestangebundenen. Bei drei Messungen kamen wir im Schnitt auf eine Download-Geschwindigkeit von 91,7 Megabit pro Sekunde. Die Geschwindigkeit variierte bei den einzelnen Messungen um weniger als drei Megabit pro Sekunde. Damit ist Mozilla VPN zwar nicht auffallend schnell, bewegt sich aber immer noch im Spitzenfeld. Deutlich höhere Geschwindigkeiten waren mit keinem der von uns getesteten VPNs dauerhaft möglich.
Auch beim Upload war Mozilla VPN mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 77,0 Megabit pro Sekunde recht flott. Diese Geschwindigkeit ist aber nicht ganz so relevant, da nur die wenigsten Privatanwender einen Internetanschluss haben, der so hohe Upload-Geschwindigkeiten unterstützt. Der Flaschenhals ist in diesem Fall also nicht das VPN, sondern der Internetprovider. Vodafone beispielsweise bietet bei seinen Kabelanschlüssen für Privatanwender auch in den teuersten Tarifen nur eine Upload-Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde.
Auch die Ping-Zeit lag mit durchschnittlich 17,7 Millisekunden im guten Mittelfeld. Beim Ping zeigte sich allerdings eine relativ große Varianz zwischen den drei Messungen: Bei der ersten Messung kamen wir auf sehr gute 14 Millisekunden, bei der zweiten auf 17 Millisekunden und bei der dritten nur noch auf eher langsame 22 Millisekunden.
Download | Upload | Ping |
---|---|---|
91,7 Mbit/s | 77,0 Mbit/s | 17,7 ms |
Einwandfrei schlug sich Mozilla VPN bei den DNS-Lecks: Weder im IPv4- noch im IPv6-Bereich sickerten Anfragen zu VPN-fremden DNS-Servern durch. Das ist gut, allerdings auch keine Besonderheit. In unserer aktuellen Testreihe waren DNS-Lecks bei keinem der VPNs ein Problem.
Wer nach einem VPN zur Umgehung von Geoblocking sucht, sollte jedoch nicht zu Mozilla greifen. Einwandfrei funktionierte das Video-Streaming lediglich mit Netflix. Mit dem iPlayer konnten wir nur bei einem von drei Versuchen ein Video abspielen. Überhaupt keinen Erfolg verbuchten wir mit Amazon Prime Video. Dieser Anbieter zeigte bei eingeschaltetem VPN konsequent eine Fehlermeldung. Fairerweise muss erwähnt werden, dass Mozilla auch nicht mit Streaming wirbt. Der Fokus liegt klar auf erhöhter Sicherheit bei der Nutzung öffentlicher WLANs.
Die Client-Software von Mozilla ist deutlich auf einfache Benutzbarkeit ausgelegt. Sie ist auf angenehme Art schlicht gestaltet. In dem kleinen Fenster, dessen Größe sich nicht ändern lässt, finden AnwenderInnen einen Schalter zum Herstellen der Verbindung, ein Drop-down-Menü zur Auswahl der Standorte und eine Anzeige der aktivierten Geräte. Mit einem Klick auf den Info-Button in der linken oberen Ecke werden die IP-Adresse und die aktuelle Verbindungsgeschwindigkeit angezeigt.
Wer mehr wissen will, muss das Einstellungsmenü öffnen. Sehr viele Optionen gibt es hier aber auch nicht: Split-Tunneling erlaubt es, das VPN nur für einzelne Apps zu aktivieren. Zudem ist es möglich, mithilfe der DNS-Einstellungen einige Extras einzuschalten: Je nach ausgewählten Optionen wird Werbung, Tracking oder beides blockiert. Zudem gibt es die Möglichkeit, selbst einen DNS-Server festzulegen. Das sollten aber nur BenutzerInnen machen, die genau wissen, was sie tun.
Ansonsten gibt es nur ein paar Einstellungen, die das Verhalten und optische Erscheinungsbild des Clients festlegen: Sollen Benutzungsdaten an Mozilla gesendet werden oder nicht, welche Benachrichtigungen soll der Client ausgeben und welche Anzeigesprache soll genutzt werden? Eine Änderung des verwendeten VPN-Protokolls ist anders als bei den meisten Konkurrenten nicht möglich.
Zusätzlich zu den Desktop-Clients für Windows, macOS und Linux (Ubuntu) stehen im Play Store beziehungsweise im App Store Clients für Android und iOS bereit, sodass Mozilla VPN auch auf Smartphones und Tablets genutzt werden kann. Clients oder Konfigurationsdateien für weitere Geräte wie Smart-TVs oder Router gibt es allerdings nicht.
Die Android-App gleicht dem Client für Windows sowohl optisch als auch funktionell bis ins Detail. Die Clients für Linux sowie für die Apple-Welt, also für macOS und iOS, haben wir nicht getestet, vermutlich sind die Versionen für alle Betriebssysteme aber recht ähnlich.
Eine eigene Browser-Erweiterung für Mozilla VPN gibt es nicht. Allerdings kann das VPN mittels des Add-ons Firefox Multi-Account Containers in Firefox integriert werden. Mit diesem Add-on können AnwenderInnen Websites in verschiedenen Containern öffnen, Cookies werden für jeden dieser Container separat gespeichert. AnwenderInnen können für jeden Browser-Tab einzeln festlegen, welcher Container verwendet werden soll, und auch definieren, dass bestimmte Websites immer in bestimmten Containern geöffnet werden sollen.
So ist es zum Beispiel möglich, gleichzeitig mit zwei verschiedenen Accounts beim selben Webmail-Provider eingeloggt zu sein. Man kann auch einen Container nur für Social-Media verwenden, um im übrigen Web nicht so leicht getrackt werden zu können. Ist Mozilla VPN installiert, kann man auch für jeden Container definieren, ob und mit welchem Standort das VPN verwendet werden soll. Beispielsweise wäre es möglich, den BBC iPlayer immer über einen VPN-Server in London aufzurufen, ganz unabhängig davon, welchen VPN-Standort man für andere Browser-Tabs nutzt.
Wer bei der Benutzung von Mozilla VPN Hilfe benötigt, kann das Support-Formular ausfüllen. Zu beachten ist dabei allerdings, dass die MitarbeiterInnen nur Englisch sprechen. Andere Möglichkeiten, das Support-Team zu kontaktieren, gibt es leider nicht. Damit ist der Support bei Mozilla eher schlecht ausgebaut. Viele andere VPN-Dienste bieten einen Live-Chat, teilweise sogar auf Deutsch.
Wer Probleme mit dem VPN hat und nicht auf die Antwort des Supports warten will, kann auf den Hilfeseiten recherchieren und versuchen, die Schwierigkeiten selbst in den Griff zu bekommen. Diese sind übersichtlich strukturiert und behandeln eine breite Vielfalt an Themen, von der Installation bis hin zu Geschwindigkeitsproblemen. Zu beachten ist, dass AnwenderInnen auch dafür des Englischen mächtig sein sollten – Hilfeartikel auf Deutsch fehlen.
An Mozilla VPN gibt es einiges zu mögen. Zuerst fallen der seriöse, übersichtliche Web-Auftritt und die äußerst benutzerfreundlich gestaltete Software auf. Ganz offensichtlich hat man sich viele Gedanken über Marketing, Usability und Design gemacht. Das VPN funktioniert gut und schnell. Zugutehalten muss man den EntwicklerInnen auch, dass sie nicht mit überzogenen Versprechen werben, sondern ganz klar einen Anwendungsfall in den Vordergrund rücken: die Absicherung der Internetverbindung. NutzerInnen, denen es vor allem darauf ankommt, können für ein Extra an Sicherheit sogar Multi-Hop-Verbindungen wählen.
Fortgeschrittene AnwenderInnen dürften aber einige Einstellmöglichkeiten fehlen und für weniger technikaffine NutzerInnen, besonders wenn sie zudem nicht gut Englisch sprechen, ist der Support nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass Mozilla VPN für Video-Streaming nur schlecht geeignet ist. Das schränkt die Zahl der potenziellen KundInnen doch stark ein. Zu allem Überfluss könnten AnwenderInnen auch auf Mullvad ausweichen – dort steht Ihnen dasselbe Netzwerk aus VPN-Servern zur Verfügung, aber zu einem günstigeren Preis beziehungsweise zu besseren Konditionen.
Dem VPN von Mozilla fehlt ein Alleinstellungsmerkmal. Ohne das sind die einzigen NutzerInnen, für die es wirklich die beste Wahl ist, diejenigen, die vor allem die Kombination aus Benutzerfreundlichkeit, Geschwindigkeit und dem guten Ruf von Mozilla zu schätzen wissen. Dafür sollten sie bereit sein, sich länger zu binden oder tiefer in die Tasche zu greifen. Aber selbst diese NutzerInnen wollen vielleicht ihren Router für das VPN konfigurieren oder auf ein Streaming-Angebot zugreifen, ohne das VPN ausschalten zu müssen.
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