Cloud-Gaming – eine Alternative zu Konsole und Gaming-PC?

Cloud-Gaming – eine Alternative zu Konsole und Gaming-PC?

Wenn das Streamen von Film, Fernsehen und Musik möglich ist, warum sollte es nicht auch bei Videospielen funktionieren? Das dachten sich wohl einige kluge Köpfe und riefen das Konzept des Cloud-Gamings ins Leben: Physische Kopien oder lokale Downloads auf PC oder Konsole sind nicht mehr nötig, um bestimmte Spiele zu zocken.

Netflix für Spiele?

Die Streaming-Technologie Cloud-Gaming ermöglicht es, Spiele zu spielen, die auf Remote-Servern gehostet sind. Das funktioniert so: Bewegen Sie beispielsweise Ihren Spiel-Charakter vorwärts, sendet Ihr Gerät Ihre Eingabe an den Remote-Server. Dieser interpretiert sie, lässt den Charakter nach vorne laufen und schickt das entstandene Video über das Internet zurück an Ihren Bildschirm, auf dem Sie den Vorgang betrachten können.

Je nach Anbieter können Sie nicht nur am Windows-PC oder Notebook spielen, sondern auch auf Android-Smartphones und -Tablets sowie an Apple-Produkten. Alles, was Sie benötigen, ist eine stabile und schnelle Internetverbindung. Die erforderliche Grafik- und Prozessorleistung übernimmt der Server. Das ermöglicht Ihnen, nagelneue, grafisch anspruchsvolle Spiele auch ohne einen leistungsstarken Gaming-Computer zu zocken.

Videospiel-Streaming ist aber noch ein recht neues Konzept: Der Cloud-Gaming-Service von Microsoft hat beispielsweise erst im September 2020 seine Beta-Phase beendet. Andere Dienste wie Steam Cloud Play sind noch in der Testphase oder wie Google Stadia im Weiterentwicklungsprozess. Aus diesem Grund hat Cloud-Gaming mit diversen Kinderkrankheiten zu kämpfen. Dazu gehört etwa die Latenz oder die teils niedrige Bildauflösung.

Vom Spiele-Abo bis zum Gaming-PC in der Cloud

Tatsächlich gibt es nicht das eine Cloud-Gaming-Konzept, sondern mehrere Geschäftsmodelle. Bei einem Teil der Anbieter schließen Sie ein Abo ab, um Zugriff auf eine festgelegte Anzahl von Spielen zu erhalten. PlayStation Now von Sony etwa ermöglicht Ihnen, mehr als 600 Games für die PlayStation 2, 3 und 4 (PS2, PS3, PS4) zu spielen. Xbox-Cloud-Gaming versorgt Sie mit mehr als 100 Titeln für die Xbox als Teil des Ultimate Game Pass. Auch für PC-Spiele gibt es entsprechende Anbieter wie Google Stadia oder Vortex. Bei Anderen können Sie nur bereits gekaufte Games zocken. Der Cloud-Gaming-Dienst Nvidia GeForce NOW lässt sich beispielsweise mit Ihrem Steam- und Epic-Games-Store-Account verknüpfen, um die dort gekauften Spiele unabhängig von den Spezifikationen Ihres Endgeräts wiederzugeben. Der Anbieter Shadow streamt sogar einen vollständigen Gaming-PC auf Ihren Bildschirm, den Sie frei verwenden können. Dabei handelt es sich um einen Windows-10-PC mit einer GeForce-GTX-1080-Grafikkarte, einem Vier-Kern-Prozessor sowie zwölf Gigabyte Arbeitsspeicher.

Keine teure Hardware nötig

Computer- und Konsolenspiele über Remote-Server zu spielen, ist vor allem für diejenigen praktisch, die nicht die nötigen Voraussetzungen haben, sie in optimaler Qualität wiederzugeben. Es fehlt dem PC etwa eine gute Grafikkarte oder ein leistungsstarker Prozessor. Ein Cloud-Gaming-Abonnement ist preiswerter als ein hochwertiger Gaming-Computer. Zudem lassen sich Konsolentitel streamen, ohne die nötige Konsole zu besitzen: Mit PS Now zum Beispiel können Sie Spiele zocken, die exklusiv für die PlayStation konzipiert sind. Darüber hinaus erlauben einige Cloud-Gaming-Anbieter einen Zugriff über Smartphone und Tablet, sodass ein geräteübergreifendes Spielen möglich ist.

Übertragungsgeschwindigkeit, Latenz und Auflösung

Sie brauchen in der Theorie nur eine leistungsstarke, stabile Internetverbindung, das Übrige übernehmen die Cloud-Gaming-Server. In der Praxis treten mehrere Probleme auf.

Selbst wenn die Übertragungsgeschwindigkeit Ihrer Internetverbindung den 15 bis 20 Megabit pro Sekunde entspricht, die Anbieter als Voraussetzung nennen, bedeutet das nicht zwingend, dass die Spiele auch optimal wiedergegeben werden. Die Stiftung Warentest testete vier Cloud-Gaming-Anbieter und stellte fest, dass das Spiel selbst bei einer Datentransferrate von 50 Megabit pro Sekunde in einigen Fällen ruckelte und verzögert reagierte.

Die Latenz ist eines der größten Probleme, die Anbieter versuchen zu lösen. Eine Methode ist es, die Distanz zwischen Remote-Servern und Abonnenten zu verringern. Da aber sowohl Bild als auch Bewegungen kontinuierlich über das Netz gesendet werden, ist eine minimale Latenz nicht zu vermeiden. Wenn die Latenz allerdings zu groß ist und das Spiel zu lange benötigt, um auf die Nutzereingaben zu reagieren, lassen sich Spiele, die zügige Reaktionen erfordern, kaum bewältigen.

Cloud-Gaming-Anbieter wie PS Now oder GeForce Now ermöglichen bei einer schnellen Internetverbindung maximal eine Full-HD-Auflösung (1080p). Bei Nvidia sind etwa 25 Megabit pro Sekunde für Full-HD Voraussetzung und 15 Megabit pro Sekunde für HD-Ready (720p). Schwankt Ihre Internetgeschwindigkeit im Laufe des Tages, etwa weil die Leitung zu bestimmten Zeiten stark belastet ist, wirkt sich das auf die Grafik und die Latenz aus.

Controller, Streaming-Media-Adapter und Spieleangebot

Neben dem Abopreis kommen je nach Anbieter weitere Kosten hinzu. Konsolenspiele sind für die herstellereigenen Controller konzipiert. Für PlayStation- und Xbox-Spiele ist es deshalb nötig, einen passenden Controller zu besitzen. Möchten Sie die Games auf dem Fernseher streamen, benötigen Sie bei Google Stadia etwa Chromecast Ultra und bei Magenta Cloud-Gaming den MagentaTV-Stick.

Letztendlich hält sich auch die Spieleauswahl in Grenzen. Mit mehr als 600 Titeln für PS2, PS3 und PS4 sind PS-Now-Abonnenten am besten versorgt. Andere wie Magenta haben kaum mehr als 100 Titel im Angebot. Praktischerweise ist die Spieleliste auch ohne Buchung einsehbar, sodass Sie den Anbieter mit Ihren Wunschspielen finden können.

Lohnt sich ein Cloud-Gaming-Abonnement?

Anbieter wie Shadow, die einen leistungsstarken PC streamen, oder Nvidia GeForce Now, die eine Plattform zum Spielen auf verschiedenen Endgeräten bieten, stellen selbst keine Spiele zu Verfügung. Sie können gekaufte PC- oder Konsolenspiele deshalb nicht ersetzen. Sind Spiele Teil des Abonnements, ist die Auswahl noch dürftig, weshalb auch diese Cloud-Gaming-Variante keinen vollständigen Ersatz darstellt.

Als Ergänzung zur Konsole sowie einer Videospiel-Plattform wie Epic Games Store oder Steam kann ein Abo durchaus sinnvoll sein: Insbesondere, wenn Sie mobil spielen wollen oder einen leistungsschwachen PC besitzen, sind Dienste wie Shadow praktisch. Für exklusive PlayStation-Titel bietet sich PS Now insbesondere dann an, wenn Sie keine Konsole haben und genau diese Spiele zocken möchten.

Wenn Cloud-Gaming-Anbieter es schaffen, die Technik so zu verbessern, dass sich Spiele optimal und nahezu latenzfrei streamen lassen, hat Cloud-Gaming in Zukunft Potenzial, mit Videospiel-Plattformen zu konkurrieren. Aktuell halten sich die Vorteile noch in Grenzen.


Teaserbild: © martialred / stock.adobe.com | Abb. 1: © Drobot Dean / stock.adobe.com | Abb. 2: © amirraizat / stock.adobe.com | Abb. 3: © Superingo / stock.adobe.com