Abschaffung der 22-Euro-Zollfreigrenze

Abschaffung der 22-Euro-Zollfreigrenze

Wer häufiger im Internet Produkte aus dem Nicht-EU-Ausland kauft, kennt das Verfahren vielleicht: Je nach Warenart werden bei der Einfuhr in die EU beziehungsweise nach Deutschland 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer fällig. Bislang galt dies erst ab einem Warenwert von 22 Euro, doch diese Grenze wurde Anfang Juli 2021 aufgehoben.

Praxis der bisherigen Freigrenze fällt

Bisher waren Produkte unter einem Warenwert von 22 Euro, die Sie außerhalb der EU bestellten und liefern ließen, von der Einfuhrumsatzsteuer befreit. Seit Juli 2021 gilt: Für jede Warensendung aus einem Nicht-EU-Staat wird eine Gebühr fällig. Damit Sie aber nicht ins nächste Zollamt müssen, erfolgt der Gebühreneinzug über die Deutsche Post (bei Warensendungen) beziehungsweise DHL (bei Paketen). Die bisherige Freigrenze für Sendungen mit einem Warenwert von bis zu 22 Euro entfällt. Alle Warensendungen aus dem Nicht-EU-Ausland werden damit abgabepflichtig. Beträge von weniger als einem Euro werden allerdings nicht eingetrieben.

Freibetrag für Geschenksendungen bleibt erhalten

Eine Ausnahme von der Einfuhrumsatzsteuer bleibt auch nach dem Entfallen der Freigrenze bestehen: Geschenksendungen von Privatpersonen an Privatpersonen sind bis zu einem Warenwert von 45 Euro weiterhin von Zoll und Einfuhrumsatzsteuer befreit.

Was bedeutet die Abschaffung der Zollfreigrenze für Kunden?

Für Sie als Online-Besteller einer Ware aus dem Nicht-EU-Ausland bedeutet das, dass Sie für Produkte jeden Werts eine Abgabe entrichten müssen. Kleidung aus den USA oder eine Handyhülle aus China – bei diesen Beispielen sind sich viele Internet-Shopper bewusst, dass Sie eine Abgabe entrichten müssen. Was viele vergessen, ist, dass Großbritannien seit Anfang 2021 nicht mehr der EU-Zollunion angehört und dort bestellte Produkte ebenfalls besteuert werden.

Zusätzlich zur Abgabe wird eine Auslagenpauschale von sechs Euro fällig, die neben der eigentlichen Zollabgabe zu zahlen ist. Dadurch verteuern sich Bestellungen ab einem bestimmten Warenwert erheblich. Wir verdeutlichen die Auswirkungen anhand zweier Beispiele:

Unterhalb der 1-Euro-Grenze

Sie bestellen eine Smartphone-Hülle für 5,00 Euro bei einem chinesischen Händler. Auf diese Bestellung wären eigentlich 19 Prozent deutsche Einfuhrumsatzsteuer fällig. Die zu entrichtende Abgabe unterschreitet mit 0,95 Euro laut der Homepage der Deutschen Post allerdings die Grenze, ab der die Beträge erhoben werden. Sie müssen also nichts zuzahlen – die Hülle kostet Sie 5,00 Euro.

Oberhalb der 1-Euro-Grenze

Sie bestellen eine Smartphone-Hülle aus China, die 0,50 Euro teurer ist, also 5,50 Euro kostet. Die Einfuhrumsatzsteuer auf dieses Produkt beträgt 1,05 Euro. Sie liegt also oberhalb der Summe, bei der auf die Erhebung verzichtet wird. Zudem verlangt die Deutsche Post für die Eintreibung eine Auslagepauschale in Höhe von 6,00 Euro. Diese Bestellung kostet Sie als Kunden also insgesamt 12,55 Euro.

Wo muss ich die Zollabgabe entrichten?

Wurde neben Ihrer Empfängeradresse auch Ihre Handynummer oder Ihre E-Mail-Adresse angegeben, erhalten Sie in vielen Fällen eine Benachrichtigung über Ihr Paket sowie die Möglichkeit, die fälligen Abgaben über das Anklicken eines Links zu bezahlen.

Zahlung an der Haustür

Alternativ können Sie die Einfuhrumsatzsteuer direkt bei der Entgegennahme des Paketes zahlen. Der Händler deklariert den Warenwert und der Transportdienstleister, in diesem Falle die Deutsche Post beziehungsweise DHL, kassieren die Abgaben ab der Schwelle von 1,00 Euro plus die Servicepauschale in Höhe von 6,00 Euro an der Haustür. Bedenken Sie, dass Sie diese Gebühren in der Regel nur bar zahlen können. Sendungen, deren Abgaben unter dieser Schwelle liegen, werden kostenfrei zugestellt.

Können Sie die Sendung nicht entgegennehmen, wird sie für die Zahlung und Abholung in die nächstgelegene Filiale gebracht. Dort ist auch die bargeldlose Zahlung möglich.

Sonderfall: Verkäufer nimmt an Abrechnungssystem teil

Abhilfe bezüglich dieses für den Kunden komplizierten und kostspieligen Verfahrens ermöglicht ein neues Mehrwertsteuersystem namens Import One Stop Shop (IOSS). Sofern der kommerzielle Händler an diesem System teilnimmt, zahlen Sendungsempfänger die Abgaben im Voraus direkt an den Versandhändler. Die Gebühr wird also auf den eigentlichen Warenwert aufgeschlagen und ist dann im Rechnungsbetrag enthalten. Derart deklarierte Sendungen sind bereits besteuert worden und damit nicht erneut abgabepflichtig. Auch die Auslagepauschale entfällt.

Was sind die Gründe für die Abschaffung der Zollfreigrenze?

Die EU-Kommission hat diese Maßnahmen auf den Weg gebracht, um eine steuerliche Bevorzugung ausländischer Versandhändler zu verhindern und dadurch die heimische Wirtschaft zu stärken. Zudem soll es dem Mehrwertsteuerbetrug Einhalt gebieten: Schätzungen gehen davon aus, dass bei etwa einem Viertel der Kleinsendungen zu niedrige Wertangaben oder falsche Warenbeschreibungen gemacht werden, um Zölle und die Einführumsatzsteuer zu umgehen. Dem Fiskus der EU-Staaten entgingen dadurch jährliche Steuern in Höhe von fünf Milliarden Euro. Aktuell (Stand Mai 2021) werden pro Jahr etwa 150 Millionen Pakete mehrwertsteuerfrei in die EU eingeführt.