Was Gamer und Eltern über Lootboxen wissen sollten

Was Gamer und Eltern über Lootboxen wissen sollten

In Computerspielen gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Geld auszugeben. Viele Spieleentwickler finanzieren sich längst nicht mehr über den Kaufpreis, sondern über sogenannte Mikrotransaktionen, zu denen auch Lootboxen zählen. Wer eine Lootbox kauft, erhält eine Kiste mit zufälligem Inhalt. Dieser kann wertlos oder besonders sein. Die Spielmechanik steht in der Kritik, da sie Parallelen zum Glücksspiel aufweist.

Lootboxen – harmloser Sammelspaß oder Kostenfalle?

Lootbox bedeutet wörtlich übersetzt in etwa „Beutekiste“. Diese Kisten erhalten Spieler für das Erreichen bestimmter Ziele, in vielen Fällen stehen sie auch für Spielwährung oder echtes Geld zum Verkauf. Sie müssen nicht immer wie Kisten aussehen, je nach Spiel gibt es viele verschiedene Erscheinungsformen. Allen gemein ist, dass sie zufällig generierte Gegenstände enthalten. Das können Rüstungen, Waffen, Ressourcen oder wie im Ultimate-Team-Modus des Klassikers FIFA Fußballstars sein. Der Reiz von Lootboxen besteht ähnlich wie beim Loseziehen in der Hoffnung auf einen großartigen Gewinn. Die Chancen darauf sind allerdings äußerst gering.

Die meisten dieser Gewinne lassen sich in der Regel auch erspielen. Einfacher und schneller ist es aber, die Box zu kaufen. Mit diversen Tricks, etwa durch zeitlich beschränkte Angebote, versuchen die Entwickler, Spieler dazu zu bewegen, Geld für Lootboxen auszugeben. Oft werden gezielt Minderjährige angesprochen, die somit Gefahr laufen, in die digitale Kostenfalle zu tappen.

Warum stehen Lootboxen in der Kritik?

Mikrotransaktionen, zu denen Lootboxen zählen, sind ein einträgliches Geschäft. Der Branchenriese Activision Blizzard (World of Warcraft, Call of Duty, Diablo) machte im zweiten Quartal 2020 mit Abos und Mikrotransaktionen dreimal so viel Umsatz wie mit regulären Games-Verkäufen. Lootboxen sind also ein Geschäftsmodell, das sich auszahlt und dementsprechend oft implementiert wird. Gerade im Bereich der Mobile Games sind In-Game-Käufe quasi Standard. Was viele Gamer einfach nur lästig finden, wird für manche zum finanziellen Ruin.

Free-to-Play-Games ködern Spieler gezielt

Mit echtem Geld auf ein zufälliges Ergebnis zu wetten, hat eindeutige Parallelen zum Glücksspiel. Die Praxis wird deshalb zunehmend von Experten und auch Gamern kritisiert. Gerade bei Mobile Games, die oft kostenlos spielbar sind, sind Mikrotransaktionen und Lootboxen Standard. Die Entwickler müssen schließlich die Produktionskosten auf irgendeine Weise decken. Das ist an sich nicht verwerflich, doch bei vielen Free-to-Play-Titeln werden Spieler durch manipulatives Spieldesign dazu verleitet, Lootboxen und andere In-Game-Inhalte zu erwerben. Viele Entwickler von Mobile Games haben das gewaltige Gewinnpotenzial dahinter erkannt und entwickeln Spiele mit dem primären Ziel, dass dort Mikrotransaktionen getätigt werden sollen. Richtiger Spielspaß kommt dabei oft zu kurz.

Die Spiele sind so designt, dass der Spielfortschritt absichtlich aufgehalten wird. Dem Nutzer wird dann die Möglichkeit präsentiert, sich den Fortschritt zu erkaufen. Hinzu kommen zeitlich begrenzte Angebote auf virtuelle Gegenstände und künstliche Verknappung. Häufig gibt es auch Rabatte auf In-Game-Inhalte, wobei die ursprünglichen Preise gezielt zu hoch angesetzt werden, um die Ermäßigungen günstiger wirken zu lassen. Auch die klassische Sammelleidenschaft wird durch Lootboxen mit zufälligen Charakteren oder Artefakten bedient. Um die wahren Kosten der Käufe zu verschleiern, ist es gängige Praxis, dass echtes Geld zunächst in eine In-Game-Währung umgetauscht werden muss.

Gegenwind für Lootboxen in AAA-Titeln

Lootboxen sind ein Geschäft, auf das auch die Entwickler von großen Triple-A-Titeln nicht verzichten möchten. Dass diese Praxis in Games implementiert wird, die ohnehin schon rund 60 Euro kosten, sorgt immer wieder für Unmut. Den Zorn der Community bekam zum Beispiel der Publisher EA zu spüren. In Star Wars: Battelfront 2 mussten Spieler zunächst rund 40 Spielstunden investieren, um einen der begehrten Helden freizuschalten. Daneben gab es die Möglichkeit, den Charakter in einer Lootbox zu gewinnen. Nach erheblichen Protesten ist die aktuelle Version von Battlefront 2 nun komplett frei von dieser Spielmechanik.

Auch bei FIFA Ultimate Team musste EA auf die Glücksspielvorwürfe reagieren. In diesem Spielmodus lässt sich ein Wunschteam aus verschiedenen Spielern zusammenstellen, mit dem dann gegen andere Fußballfans angetreten wird. Die Fußballstars erhalten Gamer vor allem durch das Kaufen von Kartenpacks. EA gibt dem zwar den Anstrich eines Sammelkartenspiels, vom Prinzip her handelt es sich allerdings um Lootboxen. Nach den Vorwürfen wurde der Modus geändert, sodass Spieler nun den Inhalt eines Kartenpacks einsehen können. Der Haken an der Sache: Wer das Pack nicht kauft, muss 24 Stunden warten, wer jedoch zuschlägt, darf sofort das nächste Pack ansehen. Somit bleibt die Gefahr, dass Risikospieler auf den Inhalt der nächsten Lootbox wetten.

Wer gibt Geld für Lootboxen aus?

Studien weisen darauf hin, dass nur ein geringer Teil der Spieler regelmäßig In-Game-Käufe tätigt, damit aber den Großteil des Umsatzes generiert. Britische Forscher werteten die Daten von 7.767 Lootbox-Käufern aus. Sie kamen zu dem Schluss, dass nur 5 Prozent der Käufer für die Hälfte des Umsatzes verantwortlich waren. Rund ein Drittel dieser 5 Prozent seien wiederum Problemspieler mit Hang zum Glücksspiel.

Kritiker werfen Entwicklern vor, es mit dem Geschäftsmodell gezielt auf Menschen abgesehen zu haben, die online unkontrolliert Geld ausgeben. Gamer, die hohe Summen in Mikrotransaktionen stecken, werden im Entwickler-Jargon als „Whales“ bezeichnet und gelten als besonders wertvoll. Der Begriff ist passenderweise aus der Casinobranche entlehnt. Schlagzeilen machte unter anderem ein 19-Jähriger, der mehr als 13.000 Dollar für Lootboxen und Ähnliches ausgab. Viele Gamer, die Unsummen für Mikrotransaktionen verschwenden, sind nicht reich, sondern leiden unter Spielsucht und geraten dadurch in eine finanzielle Notlage.

Eltern sollten sich also informieren, ob ihre Kinder Spiele spielen, in denen In-Game-Käufe möglich sind. Ab und zu eine Mikrotransaktion zu tätigen, ist völlig in Ordnung. Nur im Falle einer Regelmäßigkeit wird es bedenklich. Gerade bei Lootboxen besteht durch das Zufallsprinzip Suchtpotenzial. Zudem ist für viele Menschen die Hemmschwelle niedriger, online Geld auszugeben, als im „echten Leben“. Geben Sie Ihren Kindern also keinen Zugriff auf Ihre Spiele-Accounts oder Ihre Zahlungsdaten. Selbstverständlich ist auch ein aufklärendes Gespräch wichtig.

So sieht die rechtliche Lage aus

In Deutschland gelten Lootboxen dem Gesetz nach nicht als Glücksspiel, da es keine Möglichkeit gibt, Geld zu gewinnen. Sie werden vom Gesetz also ähnlich wie eine Losbude auf der Kirmes behandelt. Am 01. Mai 2022 tritt das neue Jugendschutzgesetz in Kraft. Es besagt, dass künftig sogenannte „Interaktionsrisiken“ bei der Altersbewertung von Spielen berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen auch glücksspielähnliche Kostenfallen wie Lootboxen. FIFA, das bisher ohne Altersbeschränkung im Handel ist, könnte dann zu einem Ab-18-Titel werden, da es Glücksspielelemente beinhaltet. Die minderjährige Zielgruppe würde somit wegbrechen, was die Publisher und Entwickler zum Handeln bewegen könnte.

Andere Länder sind in Bezug auf Lootboxen deutlich strenger vorgegangen. In den Niederlanden und Belgien wurden Lootboxen als Glücksspiel eingestuft und verboten. Viele Publisher und Entwickler waren daraufhin gezwungen, ihre Spiele in diesen beiden Ländern anzupassen und Lootboxen zu entfernen. In den beiden Ländern ist es zum Beispiel nicht mehr möglich, in FIFA Ultimate Team Echtgeld für Team-Packs auszugeben.


Teaserbild: © Netzsieger | Abb. 1: © Netzsieger | Abb. 2: © Tomasz Zajda / stock.adobe.com