Sprachkenntnisse durch Lesen verbessern

Sprachkenntnisse durch Lesen verbessern

Eine neue Sprache zu lernen, umfasst viele Teilaspekte. Sie müssen unter anderem Gespräche führen und Texte schreiben können. Gesprochene und geschriebene Sprache zu verstehen, gehört natürlich auch dazu. Letzteres trainiert man durch das Lesen von Texten. Tatsächlich bringt Lesen mit der richtigen Vorgehensweise weitaus mehr Vorteile beim Erwerb einer Sprache als reines Textverständnis.

Warum es sinnvoll ist, mehr zu lesen

Lange Vokabellisten und Grammatikregeln sowie Übungsaufgaben, um mit den gelernten Wörtern korrekte Sätze zu bilden, gehören im Sprachunterricht zum Alltag. Kleine Texte und Dialoge helfen dabei, ein Verständnis für die Zielsprache zu entwickeln. Zwar haben diese Lernmethoden durchaus ihre Berechtigung, um grundlegende Kenntnisse zu erlangen, interessant sind sie allerdings nicht.

Es ist deutlich einfacher, sich Dinge zu merken, die für Sie relevant sind und bei Ihnen emotionale Reaktionen hervorrufen. Wer sich zum Beispiel für das Klima engagiert, wird sich an Fakten in dem Bereich besonders gut erinnern. Ähnlich verhält es sich mit dem Lieblingsbuch oder der Lieblingsserie, bei denen Sie sich möglichweise an zahlreiche Trivia erinnern. Warum sollte dieser Erinnerungsprozess nicht auch mit Vokabeln und Formulierungen funktionieren?

Lesen Sie Texte in der Zielsprache zu den Themen, die Sie interessieren, können Sie sich die Wörter, die darin vorkommen, besser merken. Zudem lernen Sie, wie die Wörter im Kontext verwendet werden. Die Formulierungen sind in der Regel auch alltagsgetreuer als die Inhalte aus Ihrem Sprachenlernbuch. Möchten Sie das Sprechen in der Zielsprache üben, helfen solche Texte nicht; sie liefern nur Wörter und Formulierungen, die Sie in Gesprächen nutzen können. Dafür können Sie allein und überall lesen – selbst in der Bahn oder im Wartezimmer. Zum Sprechen benötigen Sie hingegen GesprächspartnerInnen.

Intensives versus extensives Lesen

Im Kontext des Sprachenlernens gibt es im Grunde zwei Arten, einen Text zu lesen: intensiv oder extensiv. Intensiv beschreibt das genaue Lesen kurzer Texte, bei dem Sie unbekannte Inhalte wortwörtlich übersetzen und sich mit der Grammatik sowie der Struktur auseinandersetzen. Sie dekonstruieren den Text, um das meiste aus ihm herauszuholen. Unbekannte Vokabeln und neue Grammatikregeln können Sie zum Beispiel auf Karteikarten oder in ein Notizbuch schreiben und regelmäßig wiederholen, damit das Wissen ins Langzeitgedächtnis übergeht.

Da intensives Lesen mental sehr fordernd ist, empfiehlt sich die Aktivität zu Zeiten, in denen Sie maximalen Fokus und mentale Energie aufwenden können. Idealerweise sind Sie auch an den Textinhalten interessiert, da es die Textanalyse vereinfacht.

Beim extensiven Lesen liegt der Fokus hingegen nicht auf einzelne Wörter, sondern auf dem Gesamtkontext. Die Idee ist, dass Sie längere Texte in der Zielsprache lesen und sich die Handlung aus dem Kontext erschließen, ohne jedes unbekannte Wort zu übersetzen oder sich auf die Grammatik zu konzentrieren. Am besten schlagen Sie nur dann Wörter nach, wenn es zum Verstehen des Textes absolut essenziell ist. Sofern das Werk für Ihre Lernstufe angebracht ist, können Sie sich mit Ihren vorhandenen Kenntnissen die meisten Wörter erschließen.

Durch das extensive Lesen von Texten, die Sie selbst interessieren und die Sie auch verstehen möchten, entwickeln Sie ein Gefühl für die Sprache und erweitern Ihren Wortschatz passiv auf eine angenehme und spaßige Art.

Sinnvoller Lesestoff

Im Prinzip ist jedes Lesematerial sinnvoll, solange es Sie interessiert. Es gibt aber einige Medien, die sich besonders gut zum Sprachenlernen eignen. Dazu gehören Zeitungen beziehungsweise Zeitschriften. Texte aus Boulevardzeitungen sind mitunter einfacher geschrieben als seriöse nationale Zeitungen. Praktischerweise gibt es sogar Zeitungen für Sprachenlernende. Auf sprachzeitungen.de finden Sie zum Beispiel solche auf Englisch, Spanisch und Französisch. Der Anbieter wählt Artikel aus anderen Zeitungen aus und übersetzt schwierige Vokabeln unterhalb des Artikels.

Eine weitere Möglichkeit sind Blog- und Wikipedia-Artikel sowie soziale Medien. Wer zum Beispiel gern kocht, kann sich mit Speisen und Kochmethoden aus dem Zielland auseinandersetzen. In puncto soziale Medien erweisen sich dank der begrenzten Zeichenanzahl vor allem Microblogging-Seiten als praktisch.

Auch praktisch sind Comics, Graphic Novels und Manga. Das verwendete Vokabular und die Formulierungen sind in der Regel leichter als in Büchern. Zudem liefern die Abbildungen Kontext, sodass Sie die Geschehnisse und Zusammenhänge trotz unbekannter Wörter verstehen können. Darüber hinaus ist die Auswahl riesig. Wer bereits ein gewisses Interesse an Comics oder Manga hat, wird problemlos etwas Passendes zu lesen finden.

Natürlich können Sie auch reguläre Bücher in der Lernsprache lesen. Da jeder Autor beziehungsweise jede Autorin einen eigenen Schreibstil hat und bestimmte Wörter sowie Formulierungen wiederholt, fällt das Lesen leichter, je weiter die Sprachenlernenden im Buch voranschreiten. Alternativ können Sie ein Werk, das Sie bereits in der eigenen Sprache gelesen haben, in der Zielsprache durcharbeiten. Das hat zum Vorteil, dass Sie die Inhalte bereits kennen und mit den unbekannten Wörtern in Verbindung bringen können.

Bücher speziell für Sprachenlernende

Wer sich noch nicht an reguläre Bücher herantraut oder noch nicht über ein ausreichendes Sprachniveau verfügt, findet vielleicht in Lernstufen-Büchern eine Alternative. Dabei handelt es sich um „Novels“ wie zum Beispiel Sherlock Holmes, die in leichterer Sprache umgeschrieben wurden. Der Begriff „Lernstufen“ bezieht sich auf den gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER), also der Klassifizierung von A1 bis C2. Diese ist bei jedem Lernstufen-Buch angegeben und ermöglicht Lernenden so, ein Buch zu wählen, das den eigenen Kenntnissen am besten entspricht.

Eine andere Möglichkeit sind zweisprachige Bücher, bei denen eine Seite in der Zielsprache und derselbe Inhalt auf der anderen Seite in der bekannten Sprache gedruckt ist. Falls Lernende etwas nicht verstehen, sehen sie die Übersetzung auf der anderen Seite. Allerdings riskieren Sie, dass Sie automatisch zur anderen Seite schauen und gar nicht erst versuchen, das unbekannte Wort aus dem Kontext zu erschließen.

Weitere Tipps

Welche Lernmethoden und Mittel sich am besten zum Erwerb einer Sprache eignen, ist hochindividuell. Für alle, die ihre Sprachkenntnisse durch Lesen erweitern möchten, empfiehlt es sich aber, sowohl intensives als auch extensives Lesen in den Lernplan zu integrieren – vor allem wenn Sie noch an den Anfängen Ihrer Sprachreise stehen. Bauen Sie sich am besten eine Routine auf; lesen Sie zum Beispiel täglich eine Stunde am Abend extensiv. Sie können auch für den Einstieg ein paar Tage in der Woche zum Lesen auswählen und mit der Zeit erhöhen. Wenn Sie einen E-Book-Reader oder eine entsprechende App auf dem Smartphone oder Tablet haben, haben Sie Ihre Lektüre jederzeit griffbereit und können auch unterwegs lesen.

Bei der Auswahl der Texte empfiehlt sich etwas, das ungefähr dem eigenen Sprachniveau entspricht, aber neue Wörter und Formulierungen enthält. Sie dürfen weder zu leicht noch zu schwer sein. Bei Ersterem machen Sie keine Fortschritte, Letzteres führt hingegen zu Frust und der Tendenz, das Lesen aufzugeben. Da viele Bücher online Leseproben anbieten, können Sie bereits vor dem Kauf testen, wie gut Sie den Inhalt verstehen.

Falls Ihnen ein Text doch nicht gefällt, brauchen Sie sich nicht zwingen, ihn zu Ende zu lesen. Das sorgt nur dafür, dass Sie sich die Inhalte schlechter merken und letztendlich keinen Nutzen ziehen. Es ist besser, wenn Sie es mit einem anderen Text probieren.


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